Der österreichische Autor Tonio Schachinger zeigt sein Buch "Endzeitalter".
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Vis à vis - Buchpreisträger Tonio Schachinger: Literatur braucht Abstand

Bei der nun zu Ende gegangenen Frankfurter Buchmesse ist Tonio Schachinger mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden. Sein Roman "Echtzeitalter" handelt von einem Schüler, der zum Profi-Gamer wird. Eine gesellschaftliche Debatte bildet er nicht ab - ein "Heischen nach Aktualität" sei aber auch falsch, sagt der Autor. Von Nadine Kreuzahler

Gerechnet mit der Ehrung beim Deutschen Buchpreis hat Tonio Schachinger nicht - im Nachhinein noch weniger, sagt der Österreicher: "Mir war nicht klar, wie viele Menschen es gibt, für die ganz klar ist, dass ein Buch gewinnen muss, das zu irgendeiner tagesaktuellen Debatte passt." Aus den Reaktionen auf seine Auszeichnung habe er gefolgert, dass es offenbar eine solche Erwartungshaltung gebe und damit sein Buch ein Außenseiter gewesen sei. Sein Roman "Echtzeitalter" lasse sich eben nicht auf ein Thema festlegen.

Im Zentrum der Coming-of-Age-Geschichte steht der Gymnasiast Till, der ein Wiener Eliteinternat besucht. Es geht um den Zerfall der Familie, um Freundschaften, die erste Liebe. Und es geht um Computerspiele: Die Pubertät von Till spielt sich zu großen Teilen im Netz ab und er wird heimlich zum Profi-Gamer.

Schachinger: Heischen nach Aktualität in der Literatur verkehrt

 

Der Geschichte habe er bewusst einen Rahmen anhand von zeitgeschichtlichen Fixpunkten gegeben, sagt der Autor. Das hebt auch die Jury des Deutschen Buchpreises in der Begründung hervor: "Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart." So erlebt der Protagonist des Romans auch den Ausbruch der Corona-Pandemie.

"Alle zeitgeschichtlichen Ereignisse, über die ich geschrieben habe, waren für mein Gefühl gerade lange genug vergangen, um darüber schreiben zu können." Die Ibiza-Affäre hätte er 2019 so noch nicht literarisch verarbeiten können, meint Schachinger. "Ich glaube schon, dass Literatur ein bisschen einen Abstand braucht und dass dieses Heischen nach Aktualität total verkehrt ist." Man hechele der Realität hinterher, wenn man versuche etwas zu deuten, bevor es abgeschlossen ist. "Das ist für mich nicht die Aufgabe der Literatur."

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