Stacheldraht ist vor einem Plattenbau zu sehen, das zu DDR-Zeiten als NVA-Militärgefängnis genutzt wurde.
dpa
Bild: dpa Download (mp3, 16 MB)

Vis à vis - Karl-Heinz Bomberg: Behandelt traumatische DDR-Erfahrungen

Über 30 Jahre ist die Wiedervereinigung Deutschlands her, doch die Geschichte lässt uns nicht los. Der Psychoanalytiker, Autor und Sänger Karl-Heinz Bomberg behandelt in seiner Praxis in Berlin-Prenzlauer Berg Menschen mit traumatischen Erfahrungen in der DDR. Er sagt: Es werden immer mehr. Von Anke Burmeister

Rund 300 000 Menschen in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR saßen, soweit man weiß, im Gefängnis. Sie erlebten Unterdrückung, Folter und Einzelhaft, aber auch Ausgrenzung und Verfolgung. Diese Erfahrungen hinterlassen ihre Spuren bis in die folgenden Generationen. Psychoanalytiker Karl-Heinz Bomberg behandelt Betroffene in seiner Praxis in Berlin-Prenzlauer Berg und er sagt: "Es werden eher mehr als weniger."

Gehen die Menschen in den Ruhestand, fehle ihnen durch den Wegfall der Arbeit jetzt eine wichtige Ablenkung. In der zweiten Lebenshälfte käme bei ihnen dann Unverarbeitetes wieder hoch. "Sie sagen, mir geht es nicht gut, ich fühle mich ständig bedrückt, ich fühle zu viele Ängste, irgendwie fühle ich mich in meiner Haut nicht wohl."

Wiedererleben, Vermeidung und Übererregung

 

Manchmal stelle sich dann heraus, dass eine traumatische DDR-Vergangenheit wie politische Haft dahinterstecke, sagt Bomberg. Als die drei häufigsten Symptome, wie sich solch ein Trauma äußert, beschreibt er Wiedererleben, Vermeidung und Übererregung. Das führe zu Angstreaktionen wie Schweißausbrüchen und erhöhtem Puls.

Bomberg selbst, der auch als Autor und Sänger tätig ist, wurde 1984 wegen seiner Lieder verhaftet und saß drei Monate in der DDR im Gefängnis. Für ihn sei das eine traumatische Erfahrung gewesen, die einen Bruch in seinem Lebenslauf bedeute. "Ich fühle mich aber nicht im engeren Sinne traumatisiert." Seine künstlerische Arbeit habe ihm bei der Verarbeitung geholfen. Ebenso seien der Austausch mit Kollegen in der Psychoanalyse und sein soziales Netz eine Unterstützung gewesen. Anderen Betroffenen empfiehlt der Experte, sich fachliche Hilfe zu holen.