Vis à vis - Wie schaffen wir die Energiewende, Herr Spatzenegger?
In gut zwei Jahrzehnten soll Deutschland CO2-neutral sein, so der ambitionierte Klimaplan der Politik. Bernd Spatzenegger, Berater für Energie-Infrastruktur, widerspricht: Bis 2045 könne man zwar einen Großteil des CO2-Ausstoßes vermeiden - aber nicht alles. Kann die Energiewende trotzdem gelingen? Von Gerd Dehnel
Deutschland will in 22 Jahren CO2-neutral sein, Österreich und die Schweiz haben ähnliche Ziele. Bernd Spatzenegger hält diesen Zeitraum für zu ambitioniert. Es gebe bestimmte Laufzeiten für die Umsetzung von Projekten einerseits und öffentlichen Widerstand gegen neue Investitionen aus der Bevölkerung andererseits. Für den Projektmanager steht fest: "Es gibt sehr, sehr viele Hindernisse."
Deutschland wird noch lange Gaskraftwerke brauchen
Ein weiteres Problem: "Bisher gibt es noch keine wirklich vernünftigen Speichertechnologien", sagt Spatzenegger. Diese werden für grünen Strom aber dringend benötigt, wenn Solaranalgen bei Dunkelheit und Windräder bei Flaute keinen Strom produzieren können. Die Wasserstofftechnologie sei eine Option, sie sei aber noch nicht ausreichend entwickelt. "Da sind wir noch weit von einer Serienreife und von einer Gesamtsystemwirtschaftlichkeit entfernt", so der Experte.
Die Folge: Man werde in Deutschland noch lange Gaskraftwerke brauchen. Die Versorgungssicherheit sei noch nicht hundertprozentig gegeben, warnt Spatzenegger. "Die Speicherstände, die derzeit gegeben sind, sind nicht schlecht - damit kommt man schon ganz gut über einen Winter, aber natürlich nur, wenn der Winter nicht zu stark ist."
Klimaneutralität erst 2080?
Die Klimaneutralität bis 2045 ist für Spatzenegger nicht zu erreichen. "Ich denke, dass wir zwei Drittel von dem, was wir uns bis 2050 vorgenommen haben auch schaffen können", sagt der Berater für Energie-Infrastruktur. Das letzte Drittel sei besonders schwierig umzusetzen. "Ich glaube, für das letzte Drittel werden wir nochmal 30 Jahre brauchen."