Vis à vis - Neurosen der Digitalisierung: Psychologe über den "Homo Digitalis"

Profilneurosen, Dating-Sucht oder der Zwang einzigartig zu sein: Immer häufiger erlebt der Psychologe und Psychotherapeut Johannes Hepp in seiner Praxis Störungen, die er auf die Digitalisierung zurückführt. Der Münchner hat deshalb jetzt ein Buch über die Psyche des "Homo Digitalis" geschrieben. Von Anke Burmeister

Vor zehn Jahren tauchte ein extrem eifersüchtiger Patient in der Praxis des Psychologen und Psychotherapeuten Johannes Hepp auf. Die Überwachungsfunktion des Smart-Homes bestärkte den Mann so sehr, dass er sich aus Eifersucht auf einen vermeintlichen Liebhaber der Frau das Leben nehmen wollte.

Der Mann ist kein Einzelfall. Hepp erlebt häufig bei Patientinnen und Patienten Verhalten, die er auf die Digitalisierung zurückführt. In seinem Buch "Die Psyche des Homo Digitalis - 21 Neurosen, die uns im 21. Jahrhundert herausfordern" schreibt der Münchner darüber.

Hohe Bildschirmzeit, wenig Entspannung

 

Vor allem beobachte er, dass viele Menschen immer schwerer echte Entspannung fänden, sagt Hepp - "und eben nicht mehr auftanken". Erstaunt habe ihn die Zahl, dass in Deutschland die Menschen im Durchschnitt mittlerweile 10 Stunden und 15 Minuten am Tag vor dem Display verbrächten.

Um den digitalen Neurosen entgegenzuwirken, sei vor allem wichtig: "Weniger Zeit vor Displays und mehr reale Welt." Außerdem müsse sich jeder individuell fragen: Wo bin ich anfällig?