Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD, und Saskia Esken, Vorsitzende der SPD, nach ihrer Wiederwahl beim ordentlichen Bundesparteitag der SPD
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100 Sekunden Leben - Post-elektorale Körperlichkeit

Der SPD-Parteitag vom Wochenende ist hinreichend analysiert: die Rede von Scholz, die Rede von Kühnert, die Stimmung im Saal. Zu kurz gekommen bei alledem ist allerdings eine Geste der beiden Parteivorsitzenden, sagt unser Kolumnist Thomas Hollmann.

Wenn sich eine Partei auskennt mit politischen Posen und ikonischen Zeichen, dann die SPD: die geballte Arbeiterfaust, der Kniefall von Willy Brandt, Peer Steinbrück mit seinem Stinkefinger. Das sind alles starke Bilder. Wobei sich einige Genossen damals gefragt haben dürften, ob es eine kluge Entscheidung vom Kanzlerkandidaten Steinbrück ist, sich in einer Foto-Session als Anzug tragender Punk darzustellen. Das Wahlergebnis lässt vermuten: eher nicht so klug. Manche symbolhaften Bilder können also auch dem politischen Gegner nutzen.

Daran musste ich denken, als ich dieses Foto vom SPD-Parteitag sah. Die beiden Chefs Sakia Esken und Lars Klingbeil feiern da ihre Wiederwahl. Sie hält ihre linke, leicht gerundete Hand an seine ebenso geformte rechte. Und herauskommt: ein Herz. Das auch gerne beste Teenager-Freundinnen machen. Oder Heidi Klum und Tom Kaulitz. Oder wer sonst noch im Internet so rumstreunt.

Und da frage ich mich: Warum machen die das? Also nicht Heidi Klum und Tom Kaulitz, sondern Saskia Esken und Lars Klingbeil. Läuft da was zwischen den beiden? Ist das Handherz ein Treuebekenntnis, die Brocken nicht hinzuschmeißen, sollte die SPD in Sachsen und Thüringen aus dem Landtag fliegen? Oder möchten Saskia und Lars einfach nochmal 14 sein?

Ich weiß es nicht. Aber offensichtlich ist das ein Trend: auf offener politischer Bühne ein Liebeszeichen zu senden und sich näher zu kommen. Die Grünen Ricarda Lang und Omid Nouripour wollten nach ihrer Wiederwahl ja gar nicht mehr voneinander lassen. Dass ich schon Angst hatte, deren post-elektorale Körperlichkeit führt zum Äußersten.

Immerhin hat Olaf Scholz kein Herz gemacht. Aber vielleicht macht er das beim nächsten Mal – zusammen mit Heidi Klum.