Ein angeschalteter Toaster von oben aus betrachtet (Bild. picture alliance / Dorling Kindersley | Andy Crawford)
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100 Sekunden Leben - Die getoastete Sonne

Die Sonne zeigt sich dieser Tage kaum in Berlin und Brandenburg. Sehr zum Leidwesen von Kolumnist Thomas Hollmann. er leidet zunehmend an der jahreszeitlichen Verdunkelung.

Ich habe kürzlich den Toaster angemacht und in den reingeguckt. So sehr fehlt mir die Sonne. Aber aussehen wie ein Streifenhörnchen wollte ich auch nicht. Also habe ich den Toaster wieder weggestellt.

Dabei war mir der Oktober noch viel zu hell und zu grell. Und jetzt stehen die Häuser und Bäume und Hunde platt und ohne Schatten da. Dass ich mir schon vorkomme wie in einem Bild von Gerhard Richter: Alles ist bleigrau – und jemand kratzt mit dem Spatel einmal quer rüber.

Es hätte im Übrigen auch nicht geholfen, vorher Sonne zu tanken. Das kann man nämlich gar nicht. Der Mensch ist kein Ölfass - und auch kein Akku. Und dass die Finnen noch schlimmer dran sind, weil die ein halbes Jahr lang im Dusteren hocken, will mich gerade auch wenig trösten.

Zur Orientierung schaue ich jetzt immer morgens im Kalender nach, wann die Sonne auf- und untergeht, wenn ich sie schon nicht sehe und es dunkel wird, ohne vorher richtig hell zu werden.

Und scheint die Sonne doch mal, strahlt sie einem ins Gesicht wie ein Suchscheinwerfer der Berliner Wasserschutzpolizei: horizontal rein in die Iris. So tief steht die Sonne, dass nur noch eine Schweißerbrille hilft, um nicht vor den Baum zu fahren. Aber wer hat schon eine Schweißerbrille im Handschuhfach?

Tageslichtlampen sollen im Übrigen weniger gefährlich sein - als Toaster. Wegen des eingebauten UV-Filters. Aber die kosten 80 Euro und sind nicht so schön warm. Ich muss den Toaster halt ab und zu auch mal quer vors Gesicht halten. Dann sehe ich danach auch nicht aus wie ein Streifenhörnchen. - Wobei ich karierte Hörnchen auch nicht sonderlich schön finde.