Eine Fahrradfahrerin fährt über das Rollfeld auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof.
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100 Sekunden Leben - Wenn ein Flughafen Geburtstag feiert

Der Flughafen Berlin-Tempelhof wird am Sonntag 100 Jahre alt. Am 8. Oktober 1923 starteten die ersten beiden Maschinen von dort. Die turbulente bis tragische Geschichte des Flughafens wird ab Freitag mit einem Jubiläumsprogramm gefeiert. Und da feiert unser Kolumnist Thomas Hollmann natürlich mit.

Wer dieses Jahr nicht alles hundert wird: der Flughafen Tempelhof, das Radio in Deutschland, die Automatik-Uhr, die sich von selbst aufzieht. Da war schon viel Schwung - vor hundert Jahren.

Wobei Umweltschützer kritisieren dürften, dass der Tempelhofer Flughafen mit zwei Inlandsflügen eingeweiht wurde. Dabei konnte man München und Königsberg auch mit dem Zug erreichen. Allerdings wurden die Dampfloks mit Kohle befeuert. Deshalb nehme ich an, wird der Umweltaspekt heute Abend kein Thema sein, wenn der Regierende Bürgermeister die Flughafenfeier eröffnet.

Die Historie dagegen schon eher. Weht auf dem Tempelhofer Feld doch unablässig der Wind der Geschichte. Die Leute mit ihren Lenkdrachen finden das natürlich super, alle anderen dagegen weniger. Weshalb es mich nicht verwundern würde, sollte Kai Wegner seine Idee der Randbebauung als praktischen Windschutz präsentieren. Wie ein Strandkorb an der Ostsee. Da sitzt man ja auch gerne drin.

1923 fuhr im Übrigen auch erstmals ein Diesel-betriebener Lkw über Berlins Straßen. Und fünf Jahre später raste auf der Avus das erste Raketenauto zu einem Geschwindigkeitsrekord. Die 20er-Jahre waren unzweifelhaft eine Zeit der Beschleunigung und sind deshalb nur schwer mit unseren 20er-Jahren zu vergleichen. Auch wenn Lastenfahrräder mitunter ebenfalls ein beachtliches Tempo erreichen können.

Und noch ein Unterschied: In dem vor hundert Jahren gegründeten deutschen Rundfunk lief kein Hip-Hop. Logisch: Hip-Hop gibt es erst seit 50 Jahren. Was aber auch bedeutet: Noch einmal 50 Jahre und der Hip-Hop ist so alt wie heute der Flughafen Tempelhof. Irre, oder? - Muss nur noch Kai Wegner die Laudatio halten.