100 Sekunden Leben - Ganz besonders wahres Greenwashing
Dass sich die Zeiten ändern, zeigt sich manchmal an ganz kleinen Dingen. Zum Beispiel an einem Aufkleber am Schaufenster des Waschsalons um die Ecke. Und so hat unser Kolumnist Thomas Hollmann nun auch endlich erfahren, wie er die Welt retten kann.
Den Waschsalon an der Ecke gibt es seit 20 Jahren. Aber der Aufkleber auf dem Schaufenster ist neu: "Waschen, trocknen, Welt retten", steht darauf. Da habe ich mich gewundert, dass unser Waschsalon jetzt auch schon unter die Hipster gegangen ist. Aber dann habe ich bemerkt, dass die proklamierte Weltenrettung gar nicht ironisch gemeint ist, sondern ernst. Verwenden die Waschmaschinen und Trockner doch eine umweltschonende Ozon-Technologie. Steht unten auf dem Aufkleber.
Da frage ich mich natürlich, wie häufig man seine Wäsche waschen muss, bis die Welt gerettet ist? Ich nehme an, ziemlich häufig. Aber wahrscheinlich ohne Weichspüler. Und darf ich meine Socken und Unterhosen jetzt also nicht mehr in der eigenen Maschine schleudern, sondern muss sie über die Straße tragen? Vermutlich.
"Waschen, trocknen, Welt retten", das ist eine ganz neue Art des Greenwashings. Dagegen kann die Recycling-Kampagne von McDonald's nicht anstinken, auch wenn die sich sehr schön anhört. "I am beautiful". Wer will das nicht sein? Nur leider werden die meisten Trinkbecher bei McDonald's weiterhin hässlich weggeschmissen statt recycelt, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Aber der Slogan klingt super.
Und nicht nur der. Alle behaupten, ein Umweltengel zu sein. Rewe auch. Rewe druckt keine Werbeprospekte mehr. Die Sonderangebote stehen jetzt nur noch online. Sehr löblich. Wobei ich annehme, die Beschränkung auf Internet-Werbung spart nicht nur wichtige Ressourcen, sondern auch schnödes Geld.
Muss ich jetzt nur noch herausfinden, ob ich meine Jeans mitwaschen kann, wenn ich die Welt rette.
Diese Kolumne ist eine Wiederholung und wurde am 22. September 2023 erstmals gesendet.