Bunte Reißverschlüsse liegen auf einem Tisch in einem Fachgeschäft (Bild. picture alliance/ dpa)
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100 Sekunden Leben - 130 Jahre Reißverschluss

Am Dienstag ist ein historisches Datum. Denn vor 130 Jahren wurde der Reißverschluss erfunden. Für den Kolumnisten Thomas Hollmann ist der Knopf-Ersatz nicht weniger als eine textil-kulturelle Revolution.

Als der Amerikaner Withcomb L. Judson am 29. August 1893 sein Patent anmeldete, wollte er weder einen Hosenschlitz verschließen, geschweige denn ein Abendkleid. Der Mann war nur zu faul, seine Stiefel zu schnüren. Deshalb erfand er den ineinandergleitenden Klammerverschluss, der allerdings ziemlich hakelte und auch schnell Rost ansetzte. Weshalb Judsons Hoffnung unerfüllt blieb, seine Erfindung an die Post zu verkaufen, damit die ihre Säcke damit zumacht.

Erst der Schwede Gideon Sundbäck, der im rheinischen Bingen Maschinenbau studierte, um anschließend in die USA auszuwandern, verhalf dem Reißverschluss zum Durchbruch, zum militärischen. Fand seine leichtgängigere Version doch in der Lotsenkleidung amerikanischer Erstweltkriegssoldaten Verwendung. Und als der Krieg vorbei war, wurde der Reißverschluss auch in zivile Hosen und entsprechende Abendkleider eingenäht.

Der Rest ist textile Kulturgeschichte. Der Reißverschluss verdrängte Knöpfe und Ösen und bereicherte auch die Sprache ein. Zumindest die englische. Steht der "Zipper Fuck" doch für schnellen Sex. Ritsch-ratsch eben. Im Deutschen wird sich immerhin auf der Autobahn ab und an mal eingefädelt, im gar nicht so leichten Reißverschlussverfahren.

Bleibt die Frage, warum der Klettverschluss den mitunter störrischen Reißverschluss nicht abgelöst hat als führendes Verschlussprinzip. Nun, es kommt eben nicht nur auf die Funktionalität an, sondern auch auf die Akustik. Und macht man einen Klettverschluss auf, hört sich das an, als reiße man jemandem ein sehr großes Heftpflaster vom Rücken - und ein Großteil der Haut gleich mit. Nein, so etwas möchte man sich nicht vorstellen. Dann doch lieber einen "Zipper Fuck".