Regentropfen hängen an einer Fensterscheibe während eines Gewitters in Berlin
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100 Sekunden Leben - Gutes Wetter - schlechtes Wetter

Das Wetter ist nicht mehr das Wetter. Und wie wir es wahrnehmen auch nicht mehr - sagt Kolumnist Hendrik Schröder. Denn die Frage, was gutes und was schlechtes Wetter ist, war auch schon mal leichter zu beantworten.

Neulich bekamen wir von einer Hörerin eine Mail. Sie hatte sich geärgert. Und zwar über die Wetterberichterstattung. Mein Gott, dachte ich, man kann im Radio ja wirklich gar nichts mehr erzählen, ohne dass irgendwelche Verwirrten einen der Lüge bezichtigen würde. Was kommt jetzt: Die Temperaturen gelogen, die Winde von Scholz vorgegeben, der Regen nicht wahr?

Nein, die Hörerin beklagte sich, dass wir bei 30 Grad Sonnenschein die ganze Zeit von schönem Wetter reden würden. Dabei wäre an tagelang hohen Temperaturen mit nur Sonne und null Regen überhaupt gar nichts schön. Aus altbekannten Gründen. Die Bäume, Wälder und Felder vertrocknen, dann kommt der Regen und die von der Sonne trocken gelegten Böden können ihn gar nicht mehr aufnehmen, dann Überschwemmungen usw. Schönes Wetter? Ist mittlerweile was anders.

Nun muss man in meinen Augen keine Wortklauberei betreiben, ob man Hitzewetter im Angesicht des Klimawandels noch schön nennen darf. Und wenn wir aufhören, die Sonne auch mal zu genießen, können wir uns auch gleich einsargen lassen - aber der Gedanke hinter der Zuschrift ist ja richtig und lässt mir seitdem keine Ruhe mehr. Was haben wir früher Freude am Sommer gehabt. Sonne von Juni bis September, 30 Grad und Sonnenschein usw; das war ausschließlich positiv besetzt, das war Freiheit, Ausgelassenheit, die schönste Zeit des Jahres.

Heute heißt diese Zeit eben auch: gefährliche Trockenheit, Hitzetote, Wassermangel usw., usw. - weil es halt insgesamt wärmer geworden ist und die Warmperioden immer länger anhalten. Nein. In der Jetzt-Zeit ist schlechtes Wetter gutes Wetter. Und zu gutes Wetter schlechtes Wetter. So. Und das hat ein Gutes: Habe ich mich früher bei Regen geärgert und hatte bei dunklen Wolken und Co. sofort schlechte Laune, denke ich jetzt bestens gelaunt: Ach, es regnet, wie schön.