Eine Ampel mit einem "Count-Down-Signal" in der Mitte am Fehrbelliner Platz in Berlin.
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100 Sekunden Leben - Cape Canaveral in Wilmersdorf

In Berlin sollen die Leute sicherer über die Straße kommen. Deshalb werden Fußgängerampeln ab dem kommenden Jahr mit Countdown-Systemen ausgestattet. So steht es im Sofortprogramm des neuen Berliner Senats. Unser Kolumnist Thomas Hollmann geht aber lieber ohne finale Aufforderung über die Straße.

Bei Countdown denke ich an Cape Canaveral. Da würde ich darauf warten, dass am Ende eine Rakete abhebt. Aber Ampeln sind ja gar keine Abschussrampen. Okay, irgendwann hätte ich das begriffen. Aber das mit den Balken vermutlich nicht.

Soll der Countdown an Berliner Fußgängerampeln doch nicht runtergezählt, sondern durch das Verschwinden von Lichtstreifen signalisiert werden. Das hört sich schon kompliziert an, wenn man es nur sagt. Und erst recht, wenn man es sieht.

Am Fehrbelliner Platz wird der Balken-Countdown seit zehn Jahren getestet. Aber die Leute wissen immer noch nicht, ob sie sich bei einem oder bei fünf Balken beeilen müssen. Kleiner Spoiler: Bei einem Balken würde ich nicht mehr versuchen rüberzukommen.

Der Verkehrs-Referent des BUND hält die Countdownisierung des Berliner Straßenverkehrs für Geldverschwendung und plädiert für den klassischen Zebrastreifen. Ich wusste gar nicht, dass der BUND einen Mann für den Verkehr hat. Ich dachte, der BUND kümmert sich um die Natur und die Probleme von Fledermäusen beim Passieren von Windkraftanlagen. Wieder was gelernt.

Apropos: Wussten Sie, dass der Countdown eine Berlin-Brandenburger Erfindung ist? Fritz Lang hat seine "Frau im Mond" seinerzeit mit Zwischentiteln aus den Ufa-Studios geschossen. "Drei", "Zwei", "Eins", "JETZT!". Ein dramaturgischer Effekt, der später von der NASA schamlos kopiert wurde. Nur dass bei Apollo "Lift-off" gesagt wurde.

Bei den Berliner Fußgängerampeln sollte es aber "JETZT!" heißen, meine ich. Schon aus filmhistorischen Gründen. Ein akustisches Zusatzsignal könnte auch die Sicherheit erhöhen. Vorausgesetzt, die Fußgänger bleiben stehen, wenn die Ampel sie anbrüllt. Nicht, dass die bei "JETZT!" ihr Triebwerk zünden.