Touristen am Strand von Mallorca
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100 Sekunden Leben - Der Anti-Reise-Tipp Mallorca

Unser Kolumnist Hendrik Schröder hat einen Reisetipp für unsere Hörerinnen und Hörer. Oder vielleicht doch besser ausgedrückt: einen Anti-Reisetipp. Denn mit der Insel Mallorca kann er einfach keinen Frieden schließen.

Mallorca. Das mit Abstand beliebteste Reiseziel der Deutschen. Warum? Hab ich mich schon immer gefragt. Ein Mal war ich da, vor Jahren, im September war das, die Strände waren immer noch rappelvoll, Parkplätze für den Mietwagen gab es keine und das mitreisende Kleinkind durfte in Restaurants nicht auf die Toilette, wenn die Erwachsenen nichts verzehrten.

Wunderschönes Mallorca. Unfreundlich, überfüllt, mit Geheimecken, die so geheim sind, dass sie im Marco Polo Reiseführer stehen. Einheimische gibt es immer weniger, die Insel stirbt quasi aus, ist verramscht und verkauft. Das war mein Mallorca.

Jetzt war ich wieder da. Letzte Woche. 4 Nächte. Ballermann. Hat sich so ergeben. Und ich dachte, gut, Mallorca - eine Chance noch. Statt mit Kleinkind die ruhigen Ecken suchen, jetzt mit tanzwütiger Begleitung ins Getümmel. Entgrenzungserfahrungen fand ich ja immer schon geil, wenn alle Regeln des Alltags außer Kraft gesetzt sind. Also abends Mega Park, Bierkönig - und tagsüber in die Sonne.

Aber das Hotel ein Stückchen weiter weg, in dritter Reihe. Gute Idee, dachten wir. Morgens lagen wir also am Strand und tatsächlich bauten sich die ersten Grüppchen mit Bier und Wodka und Deutschlandfähnchen im Sand und Fußballtrikots am Körper an der Promenade auf. Aus den mitgebrachten Boxen knallten Lieder über betrunken sein im Flugzeug, betrunken sein am Playa und generell über das betrunken sein. Es war so absurd, wir hatten richtig Spaß, das zu beobachten. Alle sangen und lagen sich in den Armen. Aber irgendwann kam dann dieser Kipp-Punkt.

Irgendwann fingen die Männer an, an den Strand zu pinkeln, sich in die Büsche zu übergeben, die fliegenden Händler zu beleidigen. Frauen kauerten promilleparalysiert und weinend auf dem Gehsteig und versuchten erfolglos Mettbrötchen zu essen. Kein Scherz. Wildfremde griffen mir ins Gesicht, laberten meine Begleitung voll und lallten eine Mischung aus mit Dir schlafen Brüderschaft und auf die Fresse in unsere Gesichter. Es war plötzlich nicht mehr lustig, sondern richtig eklig.

Wir gingen ins Hotel an den Pool. Wo eine Gruppe Bayern uns schwankend und pöbelnd derart auf die Pelle rückte, dass wir ihnen ernsthaft Prügel androhen mussten, um in Ruhe gelassen zu werden. Danach holten wir uns am Buffet eine Lebensmittelvergiftung und der Urlaub war over. Und ich wußte: Das wars Mallorca. Ich habs zwei Mal versucht. Nächstes mal wieder Rügen.