Merlin Schulz (Foto: Ben Wolf)
Ben Wolf
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100 Sekunden Leben - Plötzlich und unerwartet

Der Tod eines Menschen ist immer schwer für die in seinem Umfeld. Besonders schwer fällt der Umgang damit aber, wenn derjenige noch viel zu jung war, um zu sterben. An einen solchen lieben Kollegen denkt unser Kolumnist Hendrik Schröder.

Vor kurzem ist ein Kollege von uns verstorben. Merlin hieß er. Ein lieber Kollege, ein Berg von einem Mann, eine Seele von Mensch, pfeilschnell im Kopf, verlässlich, lustig, beliebt. Einer, mit dem man gerne gearbeitet hat. Mit dem jeder gerne zusammengearbeitet hat. Einer, auf den man sich gefreut hat, wenn man wußte, man hat zusammen Dienst. Einer mit dem Schalk im Nacken, der auch gerne mal einen rausgehauen hat, wenn es passte. Der aber auch loben konnte, sich in den Dienst der Sache, in diesem Fall eben der Sendung stellen konnte. Ein Redakteur wie ein Weltklassetorwart. Man wußte, wenn der hinter der Scheibe sitzt, die Sendung beaufsichtigt, den Sendeplan überwacht, dann kann uns nichts passieren.

Einfach ein richtig guter Typ.

Er wurde 36 Jahre alt. 36 Jahre. Das ist kein Alter, um zu sterben.

Plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen, heißt es dann in Todesanzeigen. Die Todesursache ist Privatsache und geht die Öffentlichkeit und auch uns Kolleginnen und Kollegen nichts an. Aber man darf glaube ich sagen: Es war ein natürlicher Tod und er hatte sich nicht angedeutet. Das ist so grausam, so schrecklich. Neulich noch lustige Nachtschicht miteinander, heute ist er tot. Für immer. Es ist dieses Endgültige, was einen wahnsinnig macht. Wenn junge Menschen sterben, das ist das Schlimmste. Das Leben nicht zu Ende gelebt, noch so viel vorgehabt. Man kann es kaum ertragen und ist versucht nach oben zu schauen und zu fragen: Warum? Warum der? Warum jetzt? Man versucht, irgendeinen Sinn da rein zu interpretieren. Aber es gibt keinen. Mit 36 zu sterben ist sinnlos. Brutal. Und todtraurig.

Hätte man doch mal gefragt, ob man nicht auch mal privat was machen will, denkt man dann, zum Fußball gehen oder so. Hätte man doch mal gesagt: Ay, Du bist echt n richtig Guter. Hätte man doch mal gesagt: Weißt Du was, ich mag Dich. Hätte man doch gesagt: Mit Dir ist die Nachtschicht richtig interessant. Hätte. Wäre. Könnte. Hat man nicht. Hat einfach alles als selbstverständlich genommen. Zu spät jetzt. Gute Reise Merlin, Du wirst uns fehlen.