Doris Anselm und die Queen
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100 Sekunden Leben - Royal am Herd des Adlon?!

König Charles und seine Gemahlin Camilla kommen heute nach Berlin. Unsere Kolumnistin Doris Anselm fühlt sich von der minutiösen Planung des Staatsbesuchs an ihre eigenen Reisepläne erinnert – nicht nur im Positiven.

Ich bereite gerade den nächsten Besuch bei meinen Eltern vor; Drei Tage will ich bleiben. Vielleicht deshalb ist der Satz bei mir hängengeblieben, den der Chef der Berliner Verkehrspolizei kürzlich gesagt hat. Einer dieser Sätze, die zwar ehrlich sind, die man aber trotzdem ungern hört, wenn man irgendwo zu Gast ist. Der aufrichtige Polizeichef sagte: "Wenn die Abreise erfolgt ist, werden alle gut durchatmen und froh sein, dass es vorbei ist."

Irgendwie hat das bei mir einen wunden Punkt getroffen. Zwar wird, wenn meine Mutter mich vom Bahnhof abholt, nicht das Zentrum der norddeutschen Kleinstadt weiträumig abgesperrt, zwar begrüßt mein Vater mich nicht mit militärischen Ehren auf unserem Garagenvorplatz, zwar liegen auf dem Dach des Nachbarhauses keine Scharfschützen – und doch beschleicht mich neuerdings oft das Gefühl, dass meine armen alten Eltern durch die drei Tage mit mir ungefähr so viel Arbeit haben, wie Berlin mit König Charles, wenn der ab heute kommt. Vor allem, weil ich die gemütlichen, gewohnten Abläufe so durcheinanderbringe.

Zwar gibt es bei uns kein Staatsbankett für 130 Gäste. Aber meine Mutter ruft, wohl wie ein Küchenchef vom Hotel Adlon, netterweise immer schon zwei Wochen vorher an, um den Menüplan mit mir zu besprechen. Ich konnte zwar aushandeln, dass an einem Tag ich koche und nicht sie, aber wer weiß, ob das die Sache besser macht – man stelle sich mal vor, Charles wollte dem Adlon an den Herd.

Unser Terminplan für Ausflüge und Co. ist mindestens so raffiniert wie der von Charles und Camilla. Vorteil jedoch: spätestens am zweiten Abend vergessen wir den Plan und gucken lieber in der Jogginghose "Tatort". Davon kann der britische König garantiert nur träumen.