Symbolbild: Eingeschenkter Gutschein
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100 Sekunden Leben - Ein Gutschein für nichts

Ist kein Geschenk zur Hand, müssen oft selbstgebastelte Gutscheine herhalten, die gemeinsame Spa-Besuche und Wanderwochenenden versprechen. Unsere Kolumnistin Wlada Kolosowa fragt sich: Wie viele von ihnen werden jemals eingelöst?

Ich bin eine solvente Erwachsene und dennoch tief verschuldet. Dinge, die ich nahestehenden Menschen schuldig bin: Ein langes Wochenende in Italien. Ein Spa-Besuch. Ein Tag im Wald. Unzählige Massagen und Kinobesuche.

Schuld daran sind Gutscheine, die ich aus vollen Händen zu Geburtstagen verschenkt habe. Solche Gutscheine sind schnell gebastelt. Implizit sagt man damit: Gerade hatte ich zwar keine Zeit, etwas Originelles zu besorgen, aber irgendwann nehme ich mir mal einen ganzen Tag, oder ein ganzes Wochenende für dich, versprochen!

Man mag es sogar ehrlich vorhaben. Unbewusst kalkuliert man trotzdem mit ein, dass ein Großteil dieser Gutscheine nie eingelöst wird. Denn würden die Gläubiger all die Unternehmungen einfordern, den ich ihnen geschenkt habe, stünde ich vor dem privaten Bankrott. Ich müsste mir mindestens einen Monat frei nehmen, um all den Spaß zu haben, den ich irgendwann versprochen habe.

Wahrscheinlich bricht das ganze Gutschein-System nur deshalb nicht zusammen, weil wir uns als Gesellschaft geeinigt haben, es nicht zu hinterfragen. So wie wir nicht hinterfragen, dass wir mit einem Stück Papier echte Dinge bezahlen. Ähnlich wie bei Geld, haben wir uns auf eine Fiktion geeinigt. Wir sind alle davon abhängig, wir hängen alle mit drin. Denn auch in meiner Schublade finden sich nicht eingelöste Gutscheine für gemeinsame Wanderungen, Abendessen und sogar einer für einen Hund.