Pressekonferenz Brasilien, der brasilianische Nationalspieler Vinicius Junior lacht
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100 Sekunden Leben - Gebleachte Brasilianer - und andere WM-Erscheinungen

Am Sonntag geht in Katar die Fußball-Weltmeisterschaft zu Ende. Und dieses Turnier in der Wüste hat unseren Kolumnisten Thomas Hollmann durchaus beeindruckt - zum Beispiel die weißen Zähne der Spieler aus Brasilien.

Am meisten beeindruckt haben mich die gebleachten Brasilianer. Dass man Zähne so wasserstoffweiß kriegt, hätte ich nicht gedacht. Insofern hatte diese Lebkuchen-WM doch ihren Erkenntniswert.

Ein weiterer: Nicht nur Mannschaftskapitäne tragen Armbinden, sondern auch Bundesinnenministerinnen. Allerdings nicht, um auf der Ehrentribüne die Platzwahl vorzunehmen, sondern aus lauter Solidarität. Die hat auch die marokkanische Mannschaft gezeigt. Statt der Regenbogen-Fahne posierte die jedoch mit der Fahne der Palästinenser. Womöglich tauschen die Mannschaftskapitäne bei der nächsten WM keine Wimpel mehr aus, sondern Protestnoten.

So ist das mit der Politik: Ist die erstmal im Spiel ist, will die gleich die Regeln bestimmen. Dabei ist der Fußball von seinem Wesen her apolitisch. Der Fußball verfolgt weder ein gesellschaftliches Ziel noch hat er einen tieferen Sinn. Er lässt die Leute einfach hinter sich herlaufen. Würden die Menschen über Nacht vergessen, was Fußball ist, würden weder Revolutionen ausbrechen noch Staaten kollabieren. Die Leute würden einfach weiter zur Arbeit gehen.

Das ist ja das Verlockende am Fußball, dass man ihn nur seinetwegen spielt. L’Art pour l’Art. Der Hackentrick des Hackentricks wegen. Auch auf die Gefahr hin, dass man jemandem zujubelt, der nicht dieselbe Partei wählt wie man selbst. Aber deshalb ist der Fußball ja unpolitisch. Damit Leute miteinander ins Spiel kommen, die sich andernfalls an die Gurgel gingen.

Nein, die Welt wird durch Fußball keine bessere, auch wenn Politiker das behaupten. Wohl aber wird die Welt einfacher durch Fußball. Denn wenn die allein selig machende Frage lautet, ob der Ball drin war oder nicht, erübrigen sich andere, überflüssige Fragen. Und das ist doch auch schon mal was. Wobei mich schon interessieren würde, wie die Brasilianer ihre Zähne so wasserstoffweiß kriegen.