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100 Sekunden Leben - Trampolinspringen – eine philosophische Enttäuschung

In Sachen Sport probiert unsere Kolumnistin Doris Anselm gern ab und zu was Neues aus. Vor einiger Zeit hat sie an dieser Stelle übers Bouldern geredet. Nach der Kletterwand war jetzt das Trampolin dran.

Seit ich unsanft aus der Hüpfburg der Kindheit geschubst wurde und auf dem harten Kopfsteinpflaster des Erwachsenseins aufschlug, sehne ich mich zurück nach diesem einen, ganz bestimmten Gefühl. Es hat keinen Namen, ich kann es nur lautmalerisch beschreiben: Es ist das Whiiiii!-Gefühl. Und nein, es lässt sich nicht durch Anschaffung der ähnlichnamigen Spielkonsole zurückerlangen. Sehr wohl aber auf einem großen Trampolin.

Ein paar Mal durfte ich, getarnt als Begleitperson kleiner Kinder, es in einem dieser Riesentrampolin-Spaßparks nochmal spüren. „Whiiiii!“ ist das Gefühl des Übermuts, das sich auf dem Weg vom Trampolin nach oben kurz vor dem höchsten Punkt einstellt. Herrlich!

Deswegen wurde ich neulich total aufgeregt, als ich im Fitnessstudio durch die Glastür des Kursraums ganz viele kleine Trampolins erblickte („Trampoline“?), und erwachsene Menschen, die darauf herumhüpften. „Jumping Fitness“, ergab mein Blick auf den Kursplan, und in der Woche drauf war ich dabei.

Bevor wir aber hüpfen durften, kleidete die Trainerin ihre wichtigste Regel in folgende Worte: „Ihr müsst immer nach UNTEN treten!“ Da hätte ich misstrauisch werden müssen. Oft sind es ja wenig sympathische Leute, die, wie es heißt: nach oben buckeln und nach unten treten. Tatsächlich wurden uns jegliche Höhenflüge mit Whiiii!-Potenzial auf dem Fitnesstrampolin streng untersagt.

Die Trainerin machte vor, wie es richtig ging. Sie sah dabei aus wie ein verhaltensgestörtes Kleinkind, dem man das Ritalin weggenommen hat und das jetzt seinen Wutanfall am elterlichen Boxspringbett auslässt. Dazu gab’s die aktuellen Presslufthammer aus den Pop-Charts.

Ich bemühte mich, brav mitzumachen, aber schon bald überkam mich ein tiefes Gefühl der Enttäuschung: Nie hätte ich gedacht, wie wenig Spaß man auf einem Trampolin haben kann. Erwachsensein kriegt echt alles kaputt.