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100 Sekunden Leben - Bank ohne Geld

Unser Kolumnist Thomas Hollmann ist bislang davon ausgegangen, dass eine Bank ein Geldinstitut ist. Das trifft bei seiner Bank aber offensichtlich nicht zu.

In meiner Bank kann man jetzt Kaffee trinken. Vielmehr: Espresso, Espresso Macchiato, Americano, Cappuccino, Latte Macchiato, Caffé Latte, Flat White, Moccachino, und Chai Latte und Fritz Cola gibt’s auch. Dafür gibt es kein Geld. Die Automaten seien bestellt, aber derzeit nicht lieferbar. Hat die freundliche Frau am Schalter gesagt, der eigentlich gar kein Schalter ist, sondern eher eine Theke, an die man herantritt, wenn man seinen Latte ausgetrunken hat - und es aus dem Lounge-Sofa herausschafft. Man kann natürlich auch auf einem der lila Club-Sessel Platz nehmen. Ein bisschen sieht die neue Zentrale meiner Bank aus wie ein Hipster-Puff. Aber wie sagte doch die freundliche Frau hinter der Theke: Die Leute sollen sich wohl fühlen.

Ich fühle mich eigentlich gerne wohl. Aber noch wohler würde ich mich fühlen, hätte meine Bank Geld. Denn zu einem Obsthändler ohne Obst würde ich auch nicht gehen, selbst wenn der Käsekuchen hätte. Wobei meine Bank zudem Zitronen-Tartelettes anbietet – und welche mit Passionsfrucht. Das Geld, um all diese schmackhaften Sachen zu kaufen, muss man aber, wie gesagt, selbst mitbringen.

Eine Bank ohne Geld,- ist das womöglich sinnbildlich zu verstehen? Chillen in einer Finanzwelt, die nur noch schöner Schein ist? Und zum unverbindlichen Kundengespräch geht’s ins Separee, oder was?

Die Geldautomaten sollen noch im Oktober kommen. Aber die müssten dann noch eingebaut werden, hat die Frau hinter der Theke schon mal vorgewarnt.

Wahrscheinlich hängt deshalb dieser Riesenfernseher an der Wand. Damit man sich die Wartezeit verkürzen kann. So lang ist es ja nicht mehr hin bis zur Fußball-WM. Wobei es gut wäre, wenn es zum Eröffnungsspiel dann auch Bier gäbe – und nicht nur kein Geld.