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100 Sekunden Leben - Wenn die Inflation an der Erdbeere nagt

Beim Bauerntag in Lübeck wird auch über Erdbeeren gesprochen. Hat Bauernpräsident Joachim Rukwied doch erklärt, der Anbau würde sich wegen der gestiegenen Kosten nicht mehr lohnen. Thomas Hollmann befällt da Zukunft-Angst - wäre ein Sommer ohne Erdbeeren für ihn doch ein sinnloser Sommer.

In diesem Sommer ist die Erdbeeren-Ernte immerhin noch sicher, um es mal mit Norbert Blüm zu sagen. Ich habe gestern nochmal nachgeguckt: In den Supermärkten stapeln sich die Schälchen. Wobei Edeka seine Erdbeeren in 700-Gramm-Kartons verkauft. Das muss man erstmal auf die üblichen 500 Gramm runterrechnen. Keine Ahnung, was das soll. Aber bei Edeka gibt es auch häufig 400-Gramm-Schalen. Was man dann erst zuhause merkt, dass da hundert Gramm fehlen. Dass ich schon dachte, da steckt die Öl-Industrie dahinter.

Aber derzeit sind die Erdbeeren günstig. Bei Edeka, bei Lidl, und ab Donnerstag gilt dann auch das Angebot bei Netto. Der Preisvergleich lohnt sich also. Und das ist doch erfreulich, dass man sich beim Erdbeerenkauf nicht so fühlt wie an der Tankstelle.

Zumal man für eine Schale Erdbeeren gerade mal einen Liter Super bekäme. Anders ausgedrückt: Fährt man 15 Kilometer weniger, kann man morgens, mittags und abends eine Frucht genießen, die Literaten seit jeher libidinös anregt. Benzin hat meines Wissens keine vergleichbare Wirkung.

Wenn Menschen nun auf Erdbeeren inflationsbedingt verzichten müssen, ist das also ein Sinnlichkeitsverlust. Erst recht, wenn es im kommenden Jahr gar keine Erdbeeren gibt, wie das der Bauernpräsident düster prognostiziert. Steigende Produktionskosten bei geringerer Nachfrage, das rechne sich nicht.

Nun hofft der Bauernchef ganz offensichtlich auf staatliche Unterstützung, zumal auch der Spargelabsatz zu wünschen übriglässt. Da muss die Bundesregierung abwägen, welcher Sinnlichkeitsverlust schwerer wiegt. Für mich ist das klar. Und für die Beatles war es das damals auch. Sonst hätten sie den Song ja nicht "Strawberry Fields forever" genannt, sondern "Let it Beelitz".