Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reagiert während seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Ministerpräsidenten Orpo in Turku
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Interview - Militärexperte: Merz zeigt Profil

In der Koalition sorgt Bundeskanzler Merz (CDU) mit seinen Aussagen zu Waffenlieferungen für die Ukraine für Irritationen. Der Militärexperte Ralph Thiele lobt sie als strategisch sinnvoll.

Unmittelbar vor dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Berlin hat Bundeskanzler Merz eine Waffenwende im Ukraine-Krieg angekündigt. Das sorgt beim Koalitionspartner für Ärger, denn die SPD hadert mit dem Plan, die Reichweitenbeschränkungen beim Einsatz deutscher Waffen aufzuheben.

Thiele: Aussagen sind "wohltuend für viele unserer Verbündeten"

 

Der Militärexperte Ralph Thiele ist Präsident von Euro Defence und Oberst a.D. mit langjähriger Erfahrung in der NATO. Er lobt den Vorstoß des Kanzlers: "Er zeigt Profil, ich glaube, das ist wohltuend für viele unserer Verbündeten, weil wir ja doch früher immer sehr leise waren, […] aber ohne, dass sich jetzt faktisch was ändert, es sei denn, er gibt den Taurus frei – was im Augenblick ja noch nicht ansteht."

Es ginge hier vor allem um Raketenwerfer und Artillerie, die nicht an der Grenze stünden, sondern größtenteils tief im Landesinneren der Ukraine, sagt Thiele: "Deswegen kommt das Thema Russland dabei gar nicht zum Tragen." Ausnahmen seien lediglich die Region Sumy sowie die Einfälle der Ukraine in Russland.

Merz Aussagen "strategisch sinnvoll" - aber doch nur leere Versprechungen

 

Der Experte beobachtet, dass Kanzler Merz deutlich offensiver als sein Vorgänger Scholz mit seinen Möglichkeiten spiele: "Das ist politisch strategisch sinnvoll. Putin soll ja nicht jedes Mal vorher wissen: Wenn ich das mache, macht der Merz, die EU oder die NATO das. Sondern man lässt den anderen ein bisschen im Unklaren und in dieses Unklarheitspaket hat Merz den Taurus mit hineingenommen."

Andererseits habe die Bundeswehr selbst nicht genügend Waffen und die Produktion komme auch nicht hinterher. Unterm Strich seien die Aussagen Merz' also doch nur leere Versprechungen, sagt der Oberst a.D.: "Wir wollen der Ukraine Mut machen, aber wir werden das nicht mit Substanz füllen können."