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Interview - Ärztekammer: Primärarztsystem kein Schlüssel, um Kosten zu sparen

Die Regierung will, dass Patienten in Zukunft erst zum Hausarzt gehen und dann erst zum Facharzt. Dieses Primärarztsystem unterstützt die Bundesärztekammer laut ihrem Präsidenten Klaus Reinhardt grundsätzlich - allerdings nicht aus Kostenerwägungen.

Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) trifft am Montag beim Bundesärztetag zum ersten Mal auf die versammelte Ärzteschaft. Dort sind auch die steigenden Milliardenkosten für die Gesundheitsversorgung Thema. Die schwarz-rote Koalition will unter anderem mit dem sogenannten Primärarztsystem gegensteuern.

Den Vorschlag finde die Bundesärztekammer grundsätzlich richtig, sagt ihr Präsident Klaus Reinhardt. "Nicht so sehr, weil wir der Auffassung sind, dass das nun der Schlüssel ist, um die Kostenentwicklungen im Gesundheitswesen im Wesentlichen zu beeinflussen."

Patienten suchen unkoordiniert Ärzte auf

 

Vielmehr gehe es um grundsätzliche Erwägungen. "Wir können feststellen, dass in Deutschland die Patienten ganz ungeregelt und unkoordiniert Ärzte aufsuchen. […] Die Menschen gehen im guten Willen zunächst an die falsche Stelle." Das seien verlorene Arzt-Patienten-Kontakte.

Die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen ergeben sich laut Reinhardt vielmehr dadurch, dass die älter werdende Bevölkerung zu mehr Krankheiten führt. Außerdem bringe der medizinische Fortschritt höhere Kosten. In Deutschland gebe es zudem eine relativ kranke Bevölkerung im europäischen Vergleich: "Und das liegt daran, dass wir uns nicht so gesund verhalten." Auf lange Sicht müsse man aus Kostensicht daher die Gesundheitskompetenz und gesundes Verhalten fördern.

Reinhardt: Primärarztsystem muss flexibel gestaltet sein

 

Ein mögliches Primärarztsystem müsse laut dem Ärztekammerpräsidenten flexibel und intelligent gestaltet werden. "Es muss natürlich nicht jemand, der einen Fußbruch hat, zunächst zum Hausarzt, um dann eine Überweisung zum Unfallchirurgen oder in die Klinik zu erhalten."

Auch Pharma- und Innovationskosten seien ein Kostentreiber im Gesundheitswesen. Zum Beispiel koste die Behandlung einer Sichelzellanämie 2,8 Millionen Euro. Diese neue Therapie halte lebenslang und führe zur Heilung der genetisch bedingten Erkrankung. "Und das ist ein Beispiel von ganz, ganz vielen, die auch noch weiter auf uns zukommen werden, die das Gesundheitswesen auch teurer machen", so Reinhardt.

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