Interview - Graf (Grüne): Bewerbung für Olympia "vorne und hinten nicht seriös"
Grünen-Politiker Werner Graf kritisiert Berlins Olympiabewerbung. Das Geld werde woanders dringender benötigt. Grundsätzlich fehle es an einem Finanzierungskonzept.
Die Berliner Grünen lehnen eine Bewerbung der Hauptstadt für die Olympischen Spiele entschieden ab. Co-Fraktionschef Werner Graf hält die Pläne für unausgereift, zu teuer und am Bedarf der Berliner Bevölkerung vorbei: "Wir sind im Augenblick in Berlin in einer Situation, wo wir seit Jahrzehnten noch nicht mal die 400 Millionen Euro haben, um die Sportstätten für den Breitensport zu sanieren", so der Grünen-Politiker.
Stattdessen gehe es um Prestigeprojekte mit geringen nachhaltigen Effekten: "Was passieren wird, ist, dass wir vor allem temporäre Aufbauten machen, die danach wieder zurückgebaut werden." Diese Investitionen kämen nicht dem Alltagssport der Berlinerinnen und Berliner zugute. "Wir brauchen erst mal was, was für die Berlinerinnen da ist und nicht große Brüstungsprojekte", so Graf.
Zweifel an Kostenkalkulation
Auch das häufig genannte Argument, die Spiele könnten Impulse für Infrastruktur und Tourismus geben, überzeugt Graf nicht. "Wir können das ja alles tun, aber was ich richtig fände, ist, dass wir ein Konzept hätten und Berlin auch erstmal ein Konzept hat, wie sie das finanzieren will."
Stattdessen würden soziale Einrichtungen und Hochschulen derzeit gekürzt – gleichzeitig stünden Millionenbeträge im Raum, allein für die Bewerbung. "Vorne und hinten ist das nicht seriös, was diese Stadt da gerade macht", sagt Graf.
100 Jahre Nazi-Spiele: Gedenken und keine Show
Auch die Idee, die Spiele im Jahr 2036 auszurichten, 100 Jahre nach den Olympischen Spielen unter dem NS-Regime in Berlin, hält Graf für keine gute Idee. "Ich glaube nicht, dass man so etwas Krasses wie 100 Jahre Nazi-Festspiele in Berlin einfach mit einem neuen Festspiel übertünchen kann." Ein solches Vorgehen sei unangemessen: "Wir dürfen es nicht mit Show beantworten, sondern wir müssen es mit ernsthaftem Gedenken beantworten", so Graf.