Polizisten stehen bei einer Razzia vor einem Haus.
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Interview - Polizeigewerkschaft: Kriminalstatistik "muss betroffen machen"

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Deutschland ist 2024 massiv gestiegen. Jochen Kopelke von der Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Personal für die Strafverfolgung - und mehr Zivilcourage in der Gesellschaft.

Im Jahr 2024 gab es deutlich mehr politisch motivierte Straftaten als im Jahr zuvor: Bundeskriminalamt und Bundesinnenministerium vermelden einen Anstieg von 40 Prozent. Stark gestiegen ist die Zahl der Taten aus dem rechtsextremen Spektrum und der antisemitischen Übergriffe. CSU-Innenminister Alexander Dobrindt begründet den Anstieg mit der Polarisierung der Gesellschaft.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, bestätigt diese Einschätzung: "Die Zahlen spiegeln ja das, was wir gerade in der Gesellschaft erleben, was wir Polizistinnen und Polizisten im Demo-Geschehen erleben oder was Menschen, die in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, erleiden müssen: Hass und Hetze."

Kopelke: Antisemitismus "kein Zustand, den man mehr dulden darf"


Insgesamt sei das eine sehr deutliche Mahnung: "Das, was wir statistisch gerade vorweisen, muss uns alle betroffen machen, aber auch zusammenbringen." Der hohe Anstieg der politischen Straftaten verteilt sich auf viele verschiedene Delikte, so Kopelke: "Wir sehen natürlich Propaganda-Delikte, Sachbeschädigung, Volksverhetzung, aber eben auch Bedrohung, Nötigung, Körperverletzung und sogar erste Tötungsdelikte."

Auch den sogenannten "importierten Antisemitismus" führt Minister Dobrindt an. Der Gewerkschaftsführer bestätigt auch das: "Wir haben teilweise einen Mob, wir haben Zeiten, in den sich Jüdinnen und Juden nicht mehr sicher fühlen. Und ich glaube, das ist kein Zustand, den man mehr dulden darf."

Gewerkschafts-Chef: Auch die Elternhäuser sind in der Verantwortung


Deswegen fordert Kopelke mehr Personal: "Wir haben viel mehr Demonstrationen auf der Straße, also brauchen wir doch mehr Bereitschaftspolizisten, um das abzusichern. Wir brauchen in den kriminalpolizeilichen Dienststellen mehr Menschen, um diese Aktenberge überhaupt noch bewältigen zu können. […] Und die Gerichte müssen gestärkt werden, damit schneller ein Urteil gesprochen wird."

Gleichzeitig müsse es eine Veränderung in der Gesellschaft geben: "Wir brauchen doch wieder mehr Zivilcourage, Menschen müssen sich doch für andere einsetzen, helfen und nicht weggucken oder sogar noch mitmachen." Hier erwartet Kopelke auch von den Elternhäusern, dass sie "ihren Kindern Anstand, Moral und Ordnung beibringen."