Interview - Politologe: Rhetorik von CDU/CSU erinnert an Ungarn und USA
Mit einer Anfrage will die Union etliche gemeinnützige Organisationen in Deutschland überprüfen lassen. In diesem Bereich gebe es Rechtsunsicherheiten, erklärt Politologe Maximilian Schiffers.
Die Entscheidung darüber, was gemeinnützige Organisationen (non-governmental organization = NGO) dürften und was nicht, müssten die lokalen Finanzämter klären, sagt Maximilian Schiffers, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen. "Hier kommt es auf den Einzelfall an", erklärt er. Es werde rückwirkend geprüft, ob ein politisches Engagement einer NGO verhältnismäßig war oder nicht.
Reform des Gemeinnützigkeitsrechts war geplant
"Ganz klar ist aber, dass die politische Betätigung auch außerhalb der satzungsgemäßen, steuerbegünstigten Zwecke erlaubt ist, solange sie vereinzelt und mit tagespolitischen Themen einhergeht", so Schiffers. Das habe auch das Bundesfinanzministerium im Jahr 2022 klargestellt.
Außerdem sollte das Gemeinnützigkeitsrecht in der vergangenen Legislaturperiode eigentlich reformiert werden, um Rechtssicherheit herzustellen. "Das hat sich die Ampelregierung in den Koalitionsvertrag geschrieben, konnte es aber nicht mehr umsetzen", sagt der Politikwissenschaftler.
Schiffers: "Rhetorik wie bei Orbán oder Trump"
Bemerkenswert am Antrag von CDU/CSU zur Überprüfung der NGOs sei die außergewöhnliche Rhetorik, erklärt Schiffers. "Hier wird ein Meinungsbeitrag aus der Zeitung 'Die Welt' zitiert, der Rhetorik verwendet, die vor man vor allem aus Viktor Orbáns Ungarn oder eben aus den USA von Donald Trump oder Elon Musk kennt."
Das habe es in dieser Form in Deutschland bisher nicht gegeben, meint der Politologe. Aus seiner Sicht sei schon die Rahmung der Anfrage tendenziös. "Und deswegen kann ich nicht nachvollziehen, wie man das nicht als Drohung wahrnehmen kann", so Schiffers.