Interview - Nahostkonflikt an den Unis: Rürup sieht Leid auf beiden Seiten
Der Nahostkonflikt wird immer heftiger auch an Berlins Hochschulen ausgetragen. Miriam Rürup vom Moses Mendelssohn Zentrum warnt davor, beide Seiten gegeneinander auszuspielen.
Auf die FU Berlin hat es vor 10 Tagen einen regelrechten Angriff gegeben. Vermummte haben das Verwaltungsgebäude gestürmt, Türen eingetreten, Büros verwüstet, die Fassade mit Parolen und den Hamas-Dreiecken besprüht. Die Universität spricht von einem Sachschaden von mehr als 100 000 Euro.
Prof. Dr. Miriam Rürup ist die Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam und hat sich immer für den Dialog stark gemacht. Auch die Protestcamps an den Unis und vor den Unis fand sie in Ordnung. In dem jüngsten Angriff sieht es als Tiefpunkt: "Gewalt in diesem Ausmaß und auf diese Weise ist überhaupt nicht das, was ich darunter verstehe, wenn ich mich dafür stark mache, dass es Protestcamps geben darf."
"Miteinander ins Gespräch gehen - auch wenn es unangenehm ist"
Dennoch bleibt sie bei der Marschroute Diskurs statt Polizei: "Nicht weil ich stur wäre oder nicht lernbereit oder so, sondern genau andersrum, weil ich denke, wir müssen das alle lernen, diesen Streit zu leben, diesen Raum zu geben, Streit auszuhalten, eine Vielzahl von Positionen auszuhalten und vielleicht gerade nicht nur auf die zu schauen, die Vandalismus in dieser Weise ausüben, sondern auf die anderen Formen von Protest, die es gibt." Wenn man da hinschaue, sei bereits viel gewonnen. Das heiße aber nicht, dass man dem Vandalismus nicht klare Kante zeigen müsse.
Rürup warnt davor, die beiden Seiten des Konfliktes gegeneinander auszuspielen: "Die israelischen ganz besonders, aber auch die hier lebenden jüdischen Studierenden - und ich kann auch für die Lehrenden sprechen - leiden unter der Situation seit dem 7. Oktober [2023, Anm.d.R.] massiv. Und genauso leiden aber auch die hier lebenden Palästinenserinnen und Palästinenser. Das heißt, wir können uns nicht in diesem Leid und in diesem Trauma teilen und auseinanderdividieren lassen, sondern eigentlich müssen wir es schaffen, zusammen zu kommen – miteinander ins Gespräch gehen, auch wenn es unangenehm ist."