Der israelische Ministerpräsident Netanjahu.
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Interview - Völkerrechtler: Haftbefehl gegen Netanjahu "sehr wahrscheinlich"

Dass die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs auch einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu will, löst bei einigen Ländern wie den USA Empörung aus. Völkerrechtler Alexander Schwarz sagt allerdings, der Chefankläger stelle einen solchen Antrag nicht leichtfertig.

Noch immer wird weltweit hitzig über den Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs diskutiert: Der Chefankläger hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Führung der Terrorgruppe Hamas beantragt. Das Auswärtige Amt kritisiert die Gleichsetzung beider Akteure. Völkerrechtler Alexander Schwarz vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sagt, es gehe um ganz unterschiedliche rechtliche Fragen.

Der Chefankläger Karim Khan hätte allerdings nacheinander die Anträge stellen können. Durch einen zeitlichen Abstand sei vielleicht nicht der Eindruck der Gleichsetzung entstanden. "Aber ich würde sagen, dass er das medial schon sehr vorsichtig gemacht hat", so der Vize-Chef des Programms Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung des ECCHR. Die Organisation klagt selbst gegen deutsche Waffenexporte nach Israel.

Experte: Deutschland wäre zu Auslieferung verpflichtet

 

Es sei "sehr wahrscheinlich", dass sowohl gegen die Hamas-Führung als auch gegen Netanjahu Haftbefehle erlassen werden. "Der Chefankläger gilt als eine sehr konservative Person, die nicht leichtfertig solche Maßnahmen und solche Anträge stellt." Entscheiden würden das allerdings die Richter der Vorermittlungskammer. Schwarz sagt, er rechne damit, dass das zwei bis drei Monate dauert.

Ein Haftbefehl habe zur Folge, dass Reisevorhaben nur noch eingeschränkt möglich seien. Das treffe Netanjahu stärker als die Hamas-Führung. Die 124 Staaten, die den Internationalen Strafgerichtshof anerkennen, wären zu einer Auslieferung verpflichtet. "Dies würde natürlich schon auch das tatsächliche private und politische Leben dieser Personen stark einschränken, aber das ist ja auch genau das Ziel." Zu den Mitgliedern des Internationalen Strafgerichtshof gehört auch Deutschland - Israel und die USA erkennen ihn allerdings nicht an.