Interview - Schwan: Unser Wert der "Würde des Menschen" ist stark von Kant geprägt
Vor genau 300 Jahren wurde einer der bedeutendsten Philosophen Europas in Königsberg geboren: Immanuel Kant. Noch heute beeinflussen seine Schriften Politik und Gesellschaft. Die "Würde des Menschen" in unserem Grundgesetz etwa sei stark von Kant geprägt, sagt Gesine Schwan, die die Grundwerte-Kommission der SPD leitet.
Genau vor 300 Jahren, am 22. April 1724, wurde Immanuel Kant in Königsberg geboren. Heute ist er mit kategorischem Imperativ und verschachtelten Sätzen Teil vieler Unterrichtsstunden. Er gilt als einer der Begründer der Philosophie der Neuzeit und prägt mit seinem aufklärerischen Denken noch heute die Politik.
Von der Würde leiten sich Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ab
Zum Beispiel unser Wert der Menschenwürde sei stark von Kant geprägt, sagt Gesine Schwan. Sie ist Gründerin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt-Oder, hat als Professorin zur politischen Philosophie geforscht und gelehrt und leitet die Grundwerte-Kommission der SPD. Die "Würde des Menschen" sei gewissermaßen eine Grundlage, von der sich weitere wichtige Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ableiteten.
Angesichts der Krisen und Kriege in der Welt weist Schwan auf Kants Meinung hin, dass Demokratien beim Frieden unterstützten, weil Menschen unmittelbarer spürten und mitbestimmen könnten. Das mache Kriege weniger attraktiv als in Monarchien etwa - doch etwa für gefährdete Demokratien gelte das schon nicht mehr unbedingt.
Drei Maxime über das Denken
Es gebe drei Maxime für den Gemeinsinn, die aus Schwans Sicht heute noch sehr relevant seien: 1. selbst denken, 2. jederzeit mit sich einstimmig denken, also sich an seine Meinung von gestern erinnern, und 3. an der Stelle jedes Anderen denken. Insbesondere der dritte Punkt gehe mit Einfühlungsvermögen einher und sei auch insbesondere heute in Zeiten der Kriege etwa in der Ukraine entscheidend.