AfD-Fraktionschef Björn Höcke während einer Sitzung des Thüringer Landtags (picture alliance/dpa/Martin Schutt)
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Interview - Höcke vor Gericht: Funktioniert Nazi-Sprache als Strategie?

Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke steht ab Donnerstag wegen mutmaßlicher Nazi-Parolen vor Gericht. Hinter den Äußerungen stecke das Ziel, Rechtsextremen eine politische Heimat zu geben, sagt der Politikwissenschaftler Oliver Lembcke. Für eher bürgerliche Wähler könne Höcke die AfD daruch aber unwählbar machen.

Björn Höcke, AfD-Spitzenkandidat in Thüringen, steht wegen einer SA-Parole vor Gericht, die er 2021 in Merseburg auf einer Wahlveranstaltung gesagt hat. Höcke beendete seine Rede mit "Alles für Deutschland", der Losung der sogenannten Sturmabteilung der Nazis.

Dass es sich um eine SA-Parole handelt, will der ehemalige Geschichtslehrer Höcke nicht gewusst haben. Das sieht der Staatsanwalt anders, zumal Höcke die Losung im vergangenen Jahr in Halle sein Publikum wiederholen ließ. Zu diesem Zeitpunkt war er schon angezeigt.

Dahinter stecke der Plan, die Gesten und Sprache der Nazis wieder salonfähig zu machen, sagt der Demokratieforscher Oliver Lembcke. "Die Strategie ist, die rechstextreme Wählerschaft anzusprechen und ihr dauerhaft eine politische Heimat in der AfD zu geben", sagt der Politologe. Dafür inszeniere Höcke einen "symbolischen Rechtsruck".

Lembcke: Prozess sorgt für mehr Aufmerksamkeit für Höcke

 

Dass der Prozess für noch mehr Aufmerksamkeit für Höcke sorge, lasse sich nicht verhindern. "Er steht im Rampenlicht, im Mittelpunkt, und wenn er ein dickes Strafmaß bekommt, dann ist er Opfer, und wenn ein geringes Strafmaß oder sogar einen Freispruch bekommt, dann ist er Held", sagt Lembcke.

Trotzdem habe das Spiel mit immer extremeren Aussagen Grenzen. Schließlich müsse Höcke auch weniger extreme Wählergruppen für sich gewinnen, um erfolgreich zu sein. Der Prozess werfe die Frage auf: "Was ist denn mit diesem Geschichtslehrer – kennt er sich nicht aus in der Geschichte oder nutzt er Geschichte bewusst, hier sogar mit SA-Sprech, um sie zu verhöhnen?" Das werde bei eher bürgerlichen Wählerinnen und Wählern nicht besonders gut ankommen, so Lembcke: "Denen sträuben sich die Nackenhaare irgendwann."