Symbolbild: Pro Familia Beratungsstelle
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Interview - Pro Familia: Radikalisierung gegen Abtreibung ist "Agenda der rechten Populisten"

Am Mittwoch berät der Bundestag über das Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen. Frauen, die einen Abbruch erwägen, sollen besser vor radikalen Abtreibungsgegnern geschützt werden. Monika Börding von Pro Familia erklärt, warum eine Beratung ohne Störung so wichtig ist.

Schwangere Frauen und das Personal der Einrichtungen sollen vor Übergriffen durch Abtreibungsgegner besser geschützt werden. Im Bundestag wird deswegen am Mittwochnachmittag eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beraten.

"Frauen, die zu einem Beratungsgespräch wollen, müssen durch eine Phalanx von Menschen, die beten und singen und Bilder hochhalten, auf denen zerstückelte Embryos zu sehen sind", beschreibt Monika Börding, Bundesvorsitzende des Verbandes Pro Familia, die Situation. Auch die Mitarbeiterinnen werden demnach bedroht, beleidigt und als Möder und Mörderinnen beschimpft.

Der Rechte der Schwangeren und des Ungeborenen könne man nicht gegeneinander abwägen, sagt Börding. Pro Familia gehe davon aus, dass man den Frauen bei der Entscheidung für beide Leben vertrauen sollte. "Und diese Möglichkeit muss gegeben werden, ohne von Vornherein stigmatisiert zu werden."

Pro Famila: Abtreibungsgegnern geht es nicht um Ungeborene, sondern um Rolle der Frau

 

Die Zunahme der Radikalisierung der Abtreibungsgegner bezeichnet die Pro-Familia-Vorsitzende als "Agenda der rechten Populisten". "Das Thema ist so anschlussfähig für viele Menschen, kann man gut moralisieren." Dabei gehe es nicht um die ungeborenen Leben, sondern um die Rolle der Frau und darum, Theorien mit der Frau als Mutter und am Herd voranzutreiben. "Die Umsetzung von Frauenrechten ist ein Seismograph für die Demokratisierung unserer Gesellschaft. Und das ist das erste, wogegen vorgegangen wird."

Ärzte und Ärztinnen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, werden in Deutschland immer weniger. Börding spricht von einem Ärzte- und Versorgungsmangel. Dabei spiele auch die Stigmatisierung eine Rolle. So laufen Protestaktionen der Abtreibungsgegner etwa vor Privatwohnungen der Ärzte und Ärztinnen vorbei. Dabei würden die Mediziner als Mörder beschimpft. "Das Szenario ist tatsächlich wirklich bedrohlich", sagt die Pro-Familia-Vertreterin.

Hintergrund

Gesetz gegen "Gehsteigbelästigung"

Der Bundestag berät am Mittwoch in erster Lesung über einen besseren Schutz von Schwangeren vor aggressiven Abtreibungsgegnern.

Mit einer Gesetzesänderung will die Bundesregierung die sogenannte Gehsteigbelästigung unterbinden. Dabei geht es um Protestaktionen von Abtreibungsgegnern vor Beratungsstellen, Arztpraxen und Krankenhäusern.

Bestimmte Protestformen sollen künftig als Ordnungswidrigkeit gelten und mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro geahndet werden können.