Interview - Libanon-Experte: "Kämpfe können außer Kontrolle geraten"
Am Wochenende ist der Norden Israels vom Libanon aus schwer beschossen worden. Der Angriff war laut der militant-islamistischen Hisbollah eine Reaktion auf die Tötung des Vize-Chefs der Hamas Saleh al-Aruri. Es sei durchaus möglich, dass die Kämpfe außer Kontrolle geraten, sagt Michael Bauer, Leiter der Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Beirut.
Die Folge der israelischen Militäraktion sei eine "weitere Eskalation an der Südgrenze zwischen Israel und dem Libanon" gewesen, erklärt Nahost-Experte Michael Bauer. Die Hisbollah habe dort einen israelischen Militärstützpunkt angegriffen und Israels Armee habe dann auch zurückgeschlagen. Jedoch habe er nicht den Eindruck, dass die beiden Akteure einen Krieg wollen, so Bauer.
"Hisbollah hat das mehrfach - fast schon direkt - formuliert, in verschiedenen Reden", erklärt der Leiter des KAS-Büros in Beirut. "Von israelischer Seite ist man aber klar, dass Sicherheitszugeständnisse der Hisbollah vonnöten sein werden, insbesondere in der israelisch-libanesischen Grenzregion."
Bauer: "Hisbollah ist Staat im Staate"
Seit dem Überfall der radikalislamischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 gebe es in diesem Gebiet eine "stetige Eskalation". "Solche Kämpfe können natürlich immer auch außer Kontrolle geraten - da darf man sich nichts vormachen", sagt Bauer. Die libanesische Regierung und die libanesische Armee hätten darauf nur einen begrenzten Einfluss. "Die Hisbollah ist ein Staat im Staate", so der Nahostexperte.
Es gebe aber internationale Bemühungen, zu deeskalieren und den Konflikt beizulegen. "Insbesondere die USA und Frankreich spielen hier eine wichtige Rolle", sagt Bauer. "Wenn es gelänge, eine Art Kompromiss zu finden, bei dem entsprechende Zugeständnisse der Hisbollah erlangt werden müssten, müsste auch die libanesische Armee eine stärkere Rolle im Süden des Landes spielen."