Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck stehen nebeneinander.
picture alliance / PIC ONE | Ben Kriemann
Bild: picture alliance / PIC ONE | Ben Kriemann Download (mp3, 11 MB)

Interview - Politologe Faas: Ampel verbraucht viel Energie fürs Zusammenraufen

Mit dem beschlossenen Nachtragshaushalt hat die Ampel das letzte Problem dieses Jahres aus dem Weg geräumt. Für den Politologen Thorsten Faas war das lange Ringen um den Etat 2024 trotzdem sinnbildlich für eine Koalition, die sich angesichts der aktuellen Herausforderungen nur schwer einig wird.

Als Koalition für Fortschritt präsentierten SPD, Grüne und FDP am 7. Dezember 2021 ihr erstes Regierungsbündnis auf Bundesebene. Eigentlich wollten sich die Ampel-Parteien in ihrer Regierungszeit vor allem großen gesellschaftspolitischen Projekten widmen. Doch schon drei Monate nach ihrem Antritt machten der Angriff Russlands auf die Ukraine sowie die darauffolgende Energiekrise der Ampel einen Strich durch die Regierungsrechnung.

Zur Halbzeitbilanz nach zwei Jahren Regierungszeit sieht Thorsten Faas, Politologe an der Freien Universität Berlin, eine Ampel, die immer wieder Probleme hat, sich zusammenzuraufen. Auch das lange Ringen um den Nachtragshaushalt für 2024 sei dafür ein typisches Bild gewesen.

Viel Uneinigkeit bei akuten Problemen

 

SPD, Grüne und FDP würden es zwar am Ende immer wieder schaffen, gemeinsam Kompromisse zu finden, erklärt Faas. Dafür brauche es aber so viel Energie, dass danach oftmals keine Kraft und Zeit mehr für eine angemessene Kommunikation nach außen bleibe. "Und dann die mediale und aber auch die breite Öffentlichkeit so ein bisschen fragend zurückbleibt, was haben wir da jetzt eigentlich erlebt, was bedeutet das genau?"

Als Grund sieht der Politikwissenschaftler die vielen akuten Probleme, bei denen die Ampelparteien nicht so gut zusammenpassen. Beim Krieg in der Ukraine und der Energiekrise, aber auch bei den Fragen in der Haushaltsdebatte um Besteuerung und die Schuldenbremse gebe es zu wenig Einigkeit. "Da sehen wir eher die FDP auf der einen Seite, Rot und Grün auf der anderen Seite."

Es wäre allerdings auch vermessen bei diesen schwierigen Fragen einfache Lösungen zu erwarten, stellt Faas klar. "Das geht an die Substanz der Parteien und das merkt man auch in der Art und Weise, wie sie zusammenarbeiten und worauf sie sich dann am Ende mühsam verständigen können."

Portrait des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Thorsten Faas
Thorsten Faas | Bild: picture alliance/dpa/Freie Universität Berlin | Bernd Wannenmacher