Interview - RIAS-Vorsitzende Steinitz: Antisemitische Vorfälle um 320 Prozent gestiegen
Seit dem Terror-Anschlag der Hamas auf Israel häufen sich in Deutschland antisemitische Angriffe. Daten der Recherche- und Antisemitismus-Informationsstelle RIAS zeigen einen sprunghaften Anstieg. Der RIAS-Vorsitzende Steinitz spricht von bedrückenden Zahlen.
Die Recherche- und Antisemitismus-Informationsstelle (RIAS) hat einen Bericht über antisemitische Vorfälle in Berlin veröffentlicht. Das Gefühl, das viele in den Wochen seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober haben, wird nun von Zahlen bestätigt: Verglichen zum Vorjahr verzeichnen die RIAS 320 Prozent mehr antisemitische Fälle. Der Vorsitzende Benjamin Steinitz spricht von einem "selten zuvor dagewesenen, sprunghaften Anstieg", die Zahlen seien "bedrückend und erschreckend."
Lage an Unis besorgniserregend
Konkret seien zwischen dem Angriff der Hamas und dem 9. November insgesamt 282 antisemitische Vorfälle registriert. Darunter Angriffe und extreme Gewalt wie ein versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge. "Sorge machen wir uns tatsächlich auch um die Situation an den Hochschulen, wo ganz gezielt Jüdinnen und Juden konfrontiert werden."
Messbar sei auch der Einfluss von Meldungen aus dem Gaza-Streifen auf Berlins Straßen. Die ungeprüfte Behauptung der Hamas, für die verheerenden Explosion am Al-Ahli Krankenhaus sei Israel verantwortlich, führte zu einer Verdopplung der Fallzahlen.
Prävention und Zivilcourage gefragt
Gleichzeitig stünden laut Steinitz besonders Pädagoginnen und Pädagogen vor der großen Herausforderung: "Wann schlägt die Solidarität mit Palästinensern in Antisemitismus um?" Hier müsse der richtige Weg gefunden werden, die Schülerinnen und Schüler aufzufangen, aber auch Grenzen zu ziehen. Wichtig sei hier auch Präventionsarbeit, so der RIAS-Vorsitzende.
Und falls man unterwegs im Bus oder in der Bahn einen antisemitischen Vorfall beobachtet? "In Fällen, wo das passiert, müssen die Bürgerinnen und Bürger einschreiten und dem widersprechen", so Steinitz.