Interview - KAS-Büroleiter Braun: Keinerlei Staatsgewalt im Norden Kosovos
Die kosovarische Außenministerin warnt angesichts des eskalierenden Konflikts mit Serbien vor einem neuen Balkankrieg. Daniel Braun von der Konrad-Adenauer-Stiftung glaubt an übliche serbische Drohgebärden, sieht im Norden des Kosovo aber einen zunehmend rechtsfreien Raum.
2008 hat sich der Kosovo von Serbien abgespalten. Doch bis heute erkennt Serbien die Eigenständigkeit des Landes nicht an. Deswegen kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen den Kosovo-Albanern und der serbischen Minderheit im Norden des Landes. Nach einem Angriff einer Gruppe von maskierten Männern auf kosovarische Polizisten spitzt sich die Lage gerade erneut zu.
Zuletzt soll Serbien sogar Truppen an der Grenze zum Kosovo konzentriert haben. Die kosovarische Außenministerin sprach deswegen von akuter Kriegsgefahr. Laut Daniel Braun, dem Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Nordmazedonien und Kosovo in Skopje, sind das aber erstmal nur übliche serbische Drohgebärden.
Rechtsfreier Raum in den serbischen Mehrheitsgemeinden
"Ich persönlich denke nicht, dass jetzt ein direkter Angriff erfolgt, weil das wäre ein direkter Angriff auf die NATO." Braun meint damit die von der NATO geführte Schutztruppe KFOR, die im Kosovo für Stabilität sorgen soll. Trotzdem bestehe die Gefahr, dass die Situation in dieser angespannten Lage eskaliere, so Braun.
Grund für die angespannte Lage ist laut dem KAS-Büroleiter die ungeklärte Lage der vier mehrheitlich serbischen Gemeinden im Norden des Kosovo. "Man hat dort über den Boykott der kosovarischen Staatsinstitutionen und auch gewaltsamen Angriffen auf KFOR-Truppen im Mai und Juni mehr oder minder einen rechtsfreien Raum geschaffen, wo es keinerlei Staatsgewalt gibt."
Während die kosovarische Regierung nun versuche, ihre Staatsgewalt in den Gemeinden zu waren, sei stark anzunehmen, dass die serbische Regierung mindestens indirekt, die Angriffe in den serbischen Mehrheitsgemeinden unterstützt, erklärt Braun.