Eine palästinensische Frau geht zwischen Trümmern, nach einer groß angelegten Militäroperation des israelischen Militärs in Dschenin im Westjordanland (Bild: dpa / Majdi Mohammed)
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Interview - Israel-Expertin: Nahost-Konflikt mitten in der Eskalation

Nach dem Ende des Großeinsatzes des israelischen Militärs gegen militante Palästinenser in Dschenin im Norden des Westjordanlandes bleibt die Lage explosiv. Dr. Jenny Hestermann von der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv sieht die Region mitten in einer Eskalation - ohne Aussicht auf Beruhigung.

"Heim und Garten" - so hieß die israelische Militäroperation Anfang der Woche gegen Dschenin im besetzten Westjordanland, der Westbank. Genauer gesagt gegen das Flüchtlingslager dort – das seit 70 Jahren existiert für die aus ihrer Heimat geflohenen bzw. vertriebenen Palästinenser mitten in der Stadt.

Bei der Operation wurden ein israelischer Soldat und mindestens 12 Angehörige des Lagers getötet, mehr als 100 Menschen verletzt. Die Infrastruktur des Lagers ist weitestgehend zerstört. Mittlerweile ist das israelische Militär wieder abgezogen.

Vermehrte Terroraktivitäten als Antwort auf verstärkte Siedlungsaktivitäten

Dr. Jenny Hestermann ist Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv. Sie sieht mehrere Gründe dafür, dass es nun – für viele überraschend – zu einer solchen großen Aktion gekommen sei: "Es ging natürlich nicht gegen das Flüchtlingslager. […] Es hat sich tatsächlich gegen Terroristengruppen in Dschenin gerichtet."

Diese hätten sich jüngst nach einer längeren Zeit der Ruhe dort wieder vermehrt angesammelt, so Hestermann. Die andere Seite sei jedoch, dass Israels neue Regierung Siedler sehr ermutigt habe, in die Region zurückzuziehen, worauf die Terrorgruppen mit Gewalt geantwortet hätten.

Hestermann: Es gibt Brandstifter in der israelischen Regierung

Das Ziel der israelischen Regierung sei es gewesen, mit einer so großen Aktion "für Ruhe" zu sorgen, sagt Hestermann. Doch: "Das ist natürlich hochproblematisch, weil es immer zivile Opfer gibt, weil es die Stimmung anheizt, weil es zu Eskalationen führt – die wir direkt am Dienstag bei in Tel Aviv bei einem Terroranschlag gesehen haben."

Die Verhältnismäßigkeit der Einsätze werde auch in der israelischen Gesellschaft diskutiert, wenn auch nicht allzu breit. Man sei mittendrin in einer Eskalation der Gewalt, sagt Hestermann, "und ich sehe auch nicht, dass sich das in Kürze beruhigt, zumal es in der Regierung einige Brandstifter gibt, die das anheizen."