Interview - Wagner-Aufstand: "Erste direkte Bedrohung für Putins Macht"
Die Wagner-Gruppe um Jewgeni Prigoschin hat die russische Führung am Wochenende in Alarmbereitschaft versetzt. Der Vorgang sei die erste direkte Bedrohung für Präsident Putin gewesen, sagt der Politologe Nico Lange von der Zeitenwende-Initiative der Münchner Sicherheitskonferenz. Das abrupte Ende der Aktion werfe aber viele Fragen auf.
Am vergangenen Wochenende überschlugen sich die Ereignisse in Russland: Die Truppe Wagner zog in langer Kolonne in Richtung Moskau, offenbar nahezu ungestört. Präsident Putin sprach von Meuterei und warnte vor einem Bürgerkrieg. Dann wurde der Aufstand aber abrupt gestoppt. Nun soll Wagner-Chef Prigoschin nach Belarus ziehen. Was hat all dies zu bedeuten?
Lange: Putin kann nicht auf breite Unterstützung zählen
"Das ist ein einmaliger Vorgang und die erste direkte Bedrohung für Putins Macht", sagt Nico Lange, Politologe und Senior Fellow bei der Zeitenwende-Initiative der Münchner Sicherheitskonferenz. Das rätsehalfte Ende der Aktion werfe aber viele Fragen auf. Es sei unverständlich, warum Prigoschin die Aktion beendet habe, so Lange. Auch was der Wagner-Chef nun in Belarus tun werde und was aus den Soldaten werde, sei völlig unklar.
Bemerkenswert sei außerdem, dass viele russische Eliten während der Operation abgetaucht seien, sagt der Russlandexperte. "Selbst die eifrigsten Propagandisten haben Wladimir Putin nicht verteidigt." Man habe gesehen, dass sich in so einer ernsten Situation kaum jemand loyal zum Präsidenten verhalte - "und dass auch keiner bereit war, sich für ihn bewaffnet dieser Prigoschin-Truppe in den Weg zu stellen und für ihn zu kämpfen." Die Wagner-Kämpfer seien an vielen Checkpoints einfach durchgewunken worden. "Putin kann nicht darauf zählen, dass er eine ganz breite Unterstützung im Apparat hat."