Ein Mann wird vor Jahren in Münster in einem Untersuchungsraum vom Kreiswehrersatzamt von einer Ärztin untersucht. (Quelle: Picture Alliance)
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Interview - Bundeswehrverband zur Musterung: Wiedereinführung überlegenswert

Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) schlägt vor, alle jungen Menschen eines Jahrgangs zur Musterung einzuladen. So soll Nachwuchs für die Bundeswehr gewonnen werden. Thomas Schwappacher vom Bundeswehrverband findet den Ansatz gut, der müsse politisch diskutiert werden. Es sei aber fraglich, ob man das zeitnah umsetzen könne.

Die Überlegungen der Wehrbeauftragten des Bundestags, Eva Högl (SPD), zur Wiedereinführung der Musterung hält Thomas Schwappacher vom Bundeswehrverband für überlegenswert. "Den Gedanken, der dazu beiträgt, die Bundeswehr unbürokratisch in Kontakt mit potenziellen Bewerbern zu bringen, den bewerten wir schon als positiv", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Verbands.

Bundeswehrverband: Kapazitäten für Musterung fehlen

 

Allerdings sei es fraglich, ob die Bundeswehr eine solche Wiedereinführung der Musterung für alle jungen Menschen eines Jahrgangs zeitnah umsetzen könne. Und Schwappacher betont: "Eine Musterung, wie wir sie zu den Zeiten der Wehrpflicht hatten (...), kann die Bundeswehr derzeit gar nicht mehr durchführen." Dazu fehlten die Kapazitäten.

Dennoch müsse der Vorschlag der Wehrbeauftragten politisch und mit der Gesellschaft diskutiert werden. Die Bundeswehr brauche gut ausgebildete Soldatinnen und Soldaten. Von der Möglichkeit des freiwilligen Wehrdienstes würden aktuell zu wenige Menschen Gebrauch machen, so der Vize-Vorsitzende des Bundeswehrverbands.

Hintergrund

Wehrbeauftragte schlägt Rückkehr der Musterung vor

Mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr hat die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) vorgeschlagen, künftig alle jungen Menschen eines Jahrgangs zur Musterung einzuladen. In einem Interview des Nachrichtenportals "t-online" sprach sie sich gegen eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. Aber die Idee eines verpflichtenden "Dienstjahres für Deutschland", das im zivilen oder militärischen Bereich abgeleistet werden könne, finde sie
"diskussionswürdig".

"Man könnte wie in Schweden einen gesamten Jahrgang junger Leute für die Bundeswehr zur Musterung einladen. Und sie dann, sofern sie wehrfähig sind, selbst entscheiden lassen, ob sie sich engagieren wollen oder nicht." Diese Musterung sollte sich dann an alle Geschlechter richten, forderte Högl.

"Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland wieder rückgängig zu machen, hilft überhaupt nicht", betonte die Wehrbeauftragte des Bundestags. "Wir haben nicht genügend Ausbilder und nicht genügend Infrastruktur dafür."

Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist das Thema neu in den Blickpunkt gerückt. - dpa