Ein Junge sitzt mit Kopfhörern vor einem Contoller und einer Tatsatur und bedient ein Smartphone (Bild: picture alliance / PHOTOPQR)
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Interview - Kinderpsychologe zu Mediennutzung: Eltern müssen Vorbild sein

Laut Studien nimmt die Mediennutzung der Kinder und Jugendlichen zu. Jugendpsychiater Jakob Florack stellt bei Jungs vermehrt Spielesucht und bei Mädchen exzessive Social-Media-Nutzung fest und rät Eltern, ihre Kinder bei der Mediennutzung eng zu begleiten.

Studien zeigen: Immer mehr Kinder sind mediensüchtig. Jakob Florack ist Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeut am Berliner Vivantes Klinikum. Er leitet eine Sprechstunde für spielesüchtige Jugendliche und auch er hat zuletzt einen deutlichen Anstieg der Betroffenen festgestellt:

"Wir merken, dass wir durchgehend ausgebucht sind, es gibt selten freie Termine. Die Neuvorstellungen müssen mitunter mehrere Monate warten", so Florack. Über die Phase der Pandemie habe er beobachtet, dass diejenigen, die ohnehin schon von einer exzessiven Mediennutzung betroffen waren, sich noch weiter in diese Richtung bewegt haben.

Sucht ist gegeben, wenn die Lebensführung beeinträchtigt ist

Von Sucht spricht der Therapeut dann, wenn die Kinder und Jugendlichen keine Kontrolle mehr über ihren Medienkonsum haben, wenn sie alles andere vernachlässigen und wenn sie in ihrer sonstigen Lebensführung stark beeinträchtigt sind. Die Kinder hätten dann auch Leidensdruck.

"Die merken, dass es ihnen in der digitalen Mediennutzung, in den Videospielen oft besser geht, als in ihrem alltäglichen Leben. Die Auswirkungen kommen erst später, wenn schlechte Schulnoten dazu kommen, viele familiäre Streits. Das sind also eher mittelbare Auswirkungen. Dann entsteht der Leidensdruck und auch dann erst kann ein Behandlungswunsch bei den Jugendlichen entstehen."

Die Sucht nach Videospielen kommt laut Florack fast ausschließlich bei Jungen vor, bei Mädchen habe man es eher mit einer exzessiven Nutzung von Social Media zu tun. Das führe durch den regelmäßigen Vergleich mit Anderen zu einer Abwertung des Selbst, sodass die Betroffenen das eigene Leben als weniger zufriedenstellend erleben.

Rat an die Eltern: Begleiten und Vorbild sein

Was also tun, um die eigenen Kinder zu schützen? Ein komplettes Verbot habe wenig Sinn, sagt der Therapeut: "Zum Glück hat sich die Medienpädagogik dahin entwickelt, dass sie empfiehlt, früh anzufangen, mit den Kindern digitale Medien gemeinsam zu nutzen, sie aber auch in den ersten Jahren vor allem intensiv dabei zu begleiten."

Wichtig sei, feste Medienzeiten einzuführen, medienfreie Zeiten zu haben und vor allem: Vorbild zu sein, da die Kinder "nicht das tun, was wir ihnen sagen, sondern eher das tun, was wir vormachen."