Bundeskanzler Olaf Scholz und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im März 2022. (Archivbild)
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Interview - Karaahmetoğlu (SPD): "Man muss sich mit Türkei arrangieren"

Bei der Stichwahl um das Präsidentschaftsamt in der Türkei hat sich Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan durchgesetzt. An den deutsch-türkischen Beziehungen wird das nicht viel ändern, meint SPD-Politiker Macit Karaahmetoğlu. Die Türkei sei ein wichtiges Land, aber es sei "keine Liebesbeziehung", sondern "eine Vernunftehe", sagt er.

Nach der Wahl in der Türkei müsse man das Beste aus der Situation machen, sagt der Vize-Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Macit Karaahmetoğlu (SPD). Es gebe international gerade viele wichtige Themen wie den "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands" auf die Ukraine, den Nato-Beitritt Schwedens und die Flüchtlingsproblematik. "Man muss sich also mit der Türkei arrangieren", so der SPD-Politiker.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde die deutschen Interessen wahrnehmen, betont Karaahmetoğlu. "Die Türkei ist nun mal ein wichtiges Land und wir werden mit der Türkei nicht mehr machen als wir müssen. Es ist keine Liebesbeziehung, sondern eine Zwangssituation, eine Vernunftehe sozusagen." Diese müsse man im Interesse Deutschlands und Europas weiterführen.

Deutliche Kritik an Erdoğan


"Man muss sich nur die Position der Türkei auf der Landkarte anschauen, da wird ganz schnell klar, dass dieses Land einfach zu bedeutend ist", erklärt der Bundestagsabgeordnete. Deswegen müsse man einfach mit der Türkei zusammenarbeiten, unabhängig davon, wer gerade regiere.

"Ich habe mich auch sehr geärgert, dass Erdoğan wieder knapp gewonnen und einen unfassbar unfairen Wettbewerb geführt hat", sagt Karaahmetoğlu. "Er hat mit Fake-Videos gearbeitet, kontrolliert 90 Prozent der Medien und gibt der Opposition dadurch überhaupt keine Chance. Ich bin davon überzeugt: Unter fairen Verhältnissen hätte Erdoğan nicht mal 25 Prozent bekommen. Aber das ist die Realität, mit der wir leben müssen."

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