Ein Bürger wirft in einem Wahllokal im Stadtteil Vegesack seinen Stimmzettel für die Bürgerschaftswahl in eine Wahlurne.
picture alliance/dpa | Hauke-Christian Dittrich
Bild: picture alliance/dpa | Hauke-Christian Dittrich Download (mp3, 9 MB)

Interview - Meinungsforscher: Nichtwählen kann Protestform sein

Die Wahl in Bremen war spannend, trotzdem lag die Wahlbeteiligung bei nur 58 Prozent. Bei der Landratswahl im Oder-Spree-Kreis lag sie sogar unter 40 Prozent, obwohl es um den möglichen ersten AfD-Landrat in Deutschland ging. Der Meinungsforscher Reinhard Schlinkert sagt, für eine hohe Wahlbeteiligung müsse einiges zusammenkommen.

"Wir haben in der Vergangenheit auch immer wieder beklagt, es würden immer weniger an Wahlen teilnehmen", sagt Reinhard Schlinkert. Er ist Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts "infratest.dimap". "Und dann gab es wieder auf einmal Landtagswahlen, wo die Wahlbeteiligung nach oben gegangen ist."

Nach Ansicht von Schlinkert liegt das an mehreren Gründen: "Weil es um etwas ging, weil es attraktive Kandidaten von mehreren Parteien gab und weil die Menschen wirklich das Gefühl haben: Hier steht was an, zu entscheiden, was mich ganz persönlich betrifft."

Schlinkert: AfD hat zu mehr Wahlbeteiligung geführt

 

Die Wahlbeteiligung sei besonders in den westlichen Bundesländern ein bisschen gestiegen, weil die AfD viele Nicht-Wählerinnen und Nicht-Wähler an die Wahlurne gebracht habe. "Es gibt ja viele Menschen, die ihren Protest ausdrücken wollen und deshalb zum Beispiel auch gar nicht wählen gehen, wenn sie keine Alternative hatten in der Vergangenheit."

"In Bremen gab es auch das große Problem: Hätte es nicht einen guten SPD-Kandidaten gegeben, wäre auch die SPD nicht vorne gelegen", sagt Schlinkert. In der Stadt seien die Menschen nämlich sehr unzufrieden, unter anderem mit der Bildung, dem Verkehr und der wirtschaftlichen Lage. "Ist auch gar kein Wunder, dass ein großer Teil zuhause geblieben ist."