Symbolbild Rechtsextremismus Brandenburg - Diverse Fundstücke liegen 2019 im Innenministerium in Potsdam zu Ergebnissen nach einer Razzia in der rechtsextremistischen Szene im Raum Cottbus auf einem Tisch ()Bild: IMAGO / Martin Müller
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Interview - Rechtsextremismus an Schulen: Lehrer fühlen sich allein gelassen

Mehrere Lehrer im Landkreis Spree-Neiße beklagen in einem Brandbrief rassistische und rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule. Markus Klein von der Beratungsstelle Demos empfiehlt den Schulen, bei solchen Fällen klar zu sein und an einem Strang zu ziehen.

Es ist ein Notruf, den Lehrer einer Schule im Spree-Neiße-Kreis abgesetzt haben: In einem offenen Brief schildern sie rassistische und rechtsextreme Vorfälle, Diskriminierung von und Angriffe auf Kinder mit Migrationshintergrund, Hitlergruß, Hakenkreuzschmierereien. Weder die Schule, noch die Lehrkräfte werden mit Namen genannt - aus Selbstschutz.

Die Verfasser fordern Sozialarbeiter, um demokratiefreundliche Projekte zu fördern. Die mobile Beratung von Demos unterstützt Lehrkräfte bei solchen Problemen. Geschäftsführer Markus Klein kennt das Phänomen: "Es ist etwas, was uns immer wieder beschäftigt." Er erinnert auch an ähnliche Vorkommnisse auf dem Campus Golm in den vergangenen Wochen.

AfD-Aussagen "verändern das Klima"

Die Lehrkräfte hätten das Gefühl, alleine dazustehen, so Klein. Es sei wichtig, "dass Schulleitung und Kollegium in dieser Frage klar sind und an einem Strang ziehen." Der erste Impuls, erst einmal wegzusehen sei nachvollziehbar, wenn unklar sei, ob die Kollegen einem tatsächlich den Rücken stärken. Dabei sei es zentral, so früh wie möglich zu handeln, sagt Klein, "damit aus einem Schneeball keine Lawine wird".

Auch das Elternhaus spiele bei vielen der Schüler eine Rolle. Von den Eltern seien viele in den 1990er-Jahren ("den sogenannten Baseballschläger-Jahren") sozialisiert worden und würden ihren Kindern entsprechendes Gedankengut mitgeben. Auch der Umstand, dass die AfD gewisse Aussagen salonfähig gemacht habe, spiele eine Rolle: "Das verändert das Klima – und das wirkt auch bestimmt bei den Schülern und auf dem Schulhof."

Hintergrund

Lehrer prangern in offenem Brief rechte Vorfälle an Brandenburger Schule an

Mehrere Lehrer im Landkreis Spree-Neiße haben sich in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Darin beklagen sie an ihrer Schule Vorfälle wie das Zeigen des Hitler-Grußes sowie rassistische und rechtsextreme Sprüche. Der Brief liegt dem rbb vor.

Es handele sich um eine Gruppe von zehn bis zwölf Schülern, die den Ton angäben, berichteten die Lehrer dem rbb. Um diese Gruppe offenbar rechtsorientierter Schüler schare sich ein breiter Kreis von Mitläufern. Täglich würden die wenigen Menschen mit Migrationshintergund an der Schule mit rassistischen Sprüchen belegt, Lehrer seien "damit beschäftigt, Schüler vor psychischer und physischer rechter Gewalt zu schützen und demokratische Grundwerte zu vermitteln", beschreiben sie weiter.

Viele Lehrer der Schule fühlen sich den Angaben zufolge mit dem Problem des alltäglichen Rechtsextremismus allein gelassen. "Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, wird zu einem Spießrutenlauf sowohl für Lehrkräfte als auch für Schüler, die demokratische Werte vertreten", schreiben die Verfasser in dem offenen Brief weiter. Manche Lehrer hätten abends Angst, allein zu ihrem Auto zu gehen. Wer sich positioniere, müsse mit Konsequenzen rechnen.

Die Verfasser des offenen Briefes fordern in dem Schreiben eine "Null-Toleranz-Politik" gegen Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus. Deshalb solle die Politik dafür sorgen, mehr Sozialarbeiter an den Schulen einzustellen, um mehr demokratiefreundliche Projekte zu fördern.

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Kreidetafel einer Schule. Im Vordergrund sind Tische und Stühle zu sehen. (Bild: IMAGO / Fotostand)
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Das Neueste aus der Region - 25.04.2023 - Der Tag in Berlin und Brandenburg

Lehrer im Spree-Neiße-Kreis in Südbrandenburg haben sich an den rbb gewandt, weil sie sich mit alltäglichem Rechtsextremismus an iher Schule allein gelassen fühlen. Themen außerdem: Geiselnahme in Schöneberg, Unruhe in der Brandenburger SPD und Forscher untersuchen Oder-Fischbestand.