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Interview - Finanzexperte Brühl: Leitzinserhöhung "ganz wichtiges Signal an die Märkte"

Zum ersten Mal seit elf Jahren hat die Europäische Zentralbank am Donnerstag den Leitzins erhöht. Er steigt deutlich von 0 auf 0,5 Prozent. Für den Finanzexperten Volker Brühl ist das der richtige Schritt, der aber erst in ein paar Monaten seine volle Wirkung entfalten wird.

Der Leitzins der Europäischen Zentralbank liegt nicht länger bei 0 Prozent. Nach elf Jahren ohne Erhöhung haben die europäischen Währungshüter den Leitzins deutlich auf 0,5 Prozent angehoben. Volker Brühl, Direktor des Centers for Financial Studies an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, hält das für den richtigen Schritt.

Ob man dadurch schon den entscheidenden Impuls geschaffen habe, um die Inflation in der Eurozone zu bremsen, müsse sich zwar noch zeigen. Doch Brühl ist sich sicher: "In jedem Fall war das ein ganz wichtiges Signal an die Märkte." Die deutliche Erhöhung sei in der jetzigen Situation genau das Richtige, da die Liquidität auf den weltweiten Finanzmärkten aktuell deutlich zu hoch sei.

Neues Instrument zum Kauf von Staatsanleihen

 

Dabei hätte die Erhöhung für den Finanzexperten auch schon früher kommen können. "Ich denke, dass sehen viele Marktbeobachter so, dass man das schon vor drei Monaten hätte machen können." Es sei aber auch nachvollziehbar, dass die EZB nicht zu früh reagieren wollte, meint Brühl. Da die infolge des Krieges in der Ukraine gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel Sonderfaktoren seien, die bei einer normalen Inflationsentwicklung keine Rolle spielen würden.

Damit sich verschuldete EU-Staaten wie etwa Italien trotz der Leitzinserhöhung noch weiter Geld leihen können, habe die EZB aber auch noch ein weiteres Instrument vorgestellt, erklärt der Finanzexperte. Dieses ermögliche es den Währungshütern gezielt Staatsanleihen von europäischen Ländern anzukaufen, die vom Finanzmarkt nur noch Geld mit deutlichen Risikoaufschlägen geliehen bekommen würden. "Das ist ein Instrument, was nicht ganz unumstritten ist."