Infobox am ehemaligen Rangierbahnhof in Berlin-Pankow

- Rangierbahnhof Pankow

Berlin verändert sich - permanent und ziemlich schnell. In unserem Programm zeigen wir Ihnen in dieser Woche Momentaufnahmen von Berlins neuem Gesicht. Heute nehmen wir den Bezirk Pankow ins Visier und dort das Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs. Der Möbelhändler Kurt Krieger hat die Brachfläche in guter Lage vor Jahren schon gekauft, als Standort für Einrichtungshäuser und ein Shoppingcenter. Nun sollen auf dem Gelände auch Wohnhäuser gebaut werden. Marie Asmussen hat sich vor Ort umgehört und umgesehen. 

Das 33 Hektar große, schmale Filetstück zieht sich vom Bahnhof Pankow entlang der Bahntrasse Richtung Norden. Wo jetzt spontan Birken und Pappeln wachsen, da soll bald ein ganz neuer Stadtteil entstehen. Mit zwei Möbelmärkten, Schulen, Wohnungen und einem großen Shoppingcenter. Für Helmut Hampel vom Verein "Für Pankow" ist es höchste Zeit, dass auf dem Gelände etwas passiert, nachdem es nun schon seit 18 Jahren brach liegt. Sein Verein hat Anwohner befragt, vorwiegend ältere Pankower, was sie von den Plänen halten.

Helmut Hampel: "Die Leute waren einverstanden auch mit einem Einkaufszentrum. Auch wenn's nicht ganz so groß wird wie Alexa. Aber sie wollten so was haben in ihrer Nähe."

Brache am ehemaligen Rangierbahnhof in Berlin-Pankow, AD: 23.07.2014, Foto: M. Asmussen (rbb-Inforadio)

Auch beim Wirtschaftskreis Pankow, einem Verein von Gewerbetreibenden im Bezirk, erwartet man positive Impulse von diesem Projekt. Durch die Nähe zur Autobahn würden die geplanten Möbelhäuser und das Einkaufszentrum Kaufkraft aus dem Umland anziehen. Und davon könnten dann auch andere Händler in Pankow profitieren.

Johanna Schlaack, Stadtforscherin an der Technischen Universität Berlin ist da nicht so optimistisch. Johanna Schlaack: "Weil das ein Shoppingcenter, ein großflächiger Einzelhandel ist mit einer Dimension, wie man sie in den 90-er Jahren geplant hat und dann auch gemerkt hat, wie er im Prinzip aus den bestehenden Einzelhandesstrukturen die Kraft abgezogen hat."

2009 hat Kurt Krieger das Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs gekauft für seine Möbelmärkte und ein Einkaufszentrum. In zähen, langwierigen Werkstattgesprächen konnte der Investor sich mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und dem Bezirk nicht auf einen gemeinsamen Plan einigen. Schließlich wurde die Angelegenheit zur Chefsache. Im kleinen Kreis fanden Klaus Wowereit, Bausenator Müller und Kurt Krieger einen Kompromiss. Wenn Krieger auf dem Gelände 750 Wohnungen baut, von denen er ein Drittel zu fünf Euro fünfzig pro Quadratmeter vermietet und wenn er Grundstücke für zwei Schulen zur Verfügung stellt, dann kriegt er grünes Licht für seine gewünschten Einzelhandelsflächen.

Für Johanna Schlaack ist so ein Deal das glatte Gegenteil von transparenter, demokratischer Stadtplanung.  Dass dabei am Ende auch bezahlbare Wohnungen herauskommen, dagegen hat sie aber nichts. Johanna Schlaack: "Das ist natürlich auch gut, den Investor quasi in die Pflicht zu nehmen, der anscheinend auch mürbe genug war, um nach dem langwierigen Verfahren zu sagen: okay, ich mach alles was ihr wollt, Hauptsache ich kann mir da jetzt mein Denkmal setzen. Frage dabei ist nur, wie ist das gesichert?"

Also: bleiben diese Mieten wirklich dauerhaft günstig?  

Auch Helmut Hampel vom Verein "Für Pankow" findet, dass der Bezirk dringend neue, bezahlbare Wohnungen braucht. Er hat aber Bedenken wegen der Bahntrasse, die das geplante Wohnviertel nach Nordwesten begrenzt. Hampel selbst lebt etwa dreihundert Meter von den Gleisen entfernt und hört nachts den Lärm der Güterzüge. Helmut Hampel.

Wenn die leeren Kesselwagen Richtung Schwedt rollen, das ist so laut. Und die Leute, die wohnen dann nicht im Abstand von 300 Metern, die wohnen im Abstand von 50 Metern. Also ich möchte da nicht wohnen und ich hab den Architekten auch unterstellt, dass keiner von denen da in diese Wohnungen einziehen möchte.

Wie auch immer, bis zum Einzug wird noch einige Zeit vergehen. Erstmal muss das Abgeordnetenhaus den Flächennutzungsplan ändern, der Bezirk anschließend einen Bebauungsplan erstellen und dann kann man irgendwann mit dem Bauen anfangen.

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Die Berliner Skyline vor dem Abendhimmel am 02.06.2014, Foto: dpa
dpa-Zentralbild

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Berlin entwickelt sich mit großem Tempo weiter und verändert als Stadt ständig sein Gesicht. Wir haben im Inforadio eine Woche lang markante Orte besucht, die für diesen Wandel und seine Konflikte stehen. Unsere Reporter waren im Kreuzberger Möckernkiez, in der Europacity am Humboldthafen, am Humboldt-Forum, am Rangierbahhof Pankow und am Spreeufer in Friedrichshain-Kreuzberg.