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Krieg in der Ukraine - Krieg der Worte

Eine bedeutende Rolle für den Widerstand der Ukraine gegen den Angreifer Russland spielt Präsident Selenskyj, der seine Landsleute motiviert und Unterstützung aus dem Ausland mobilisiert. Im digitalen Informationskrieg zählt nicht militärische Macht, sondern kommunikatives Geschick, sagt der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen im Gespräch mit Sabina Matthay.

Kriege sind die große Stunde der Lügen und Falschmeldungen - der russische Überfall auf die Ukraine zeigt gerade zwei rivalisierende Parallelwirklichkeiten und deren Wirkung auf die öffentliche Meinung. Das steht die totalitäre Gewalt, verkörpert von Wladimir Putin, gegen die Welt im Netz, in der ein Wolodimir Selenskyj sein Narrativ durchsetzt.

Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen beobachtet ein Gegeneinander von medialer Macht und militärischer Macht: "Auf der einen Seite natürlich die mediale Macht, die Macht der Rhetorik, die Macht des Wortes (...) auch die Macht der Videos und der Videoschnipsel (...) auf der anderen Seite ist es - und das ist der besondere Schmerz dieser Tage - eine militärische Auseinandersetzung."
Wladimir Putin besitzt die militärische Übermacht, Selenskyj verfügt über die Macht der Sympathie. Während Putin hinter seinem Schreibtisch im Kreml kauert und der Welt mit einem Atomschlag droht, ist Selenskyj zum Freiheitshelden aufgestiegen. Trotzdem greift Russlands Propaganda, auch hierzulande.

Dass Selenski Schauspieler war, bevor er in die Politik ging, sei dabei unerheblich, meint Pörksen. Denn es handle sich weder um eine Inszenierung noch entscheide die mediale Performance - vielmehr formuliert Selenskyj mit einem Maximum an existenzieller Authentizität: "Hier ist jemand nicht geflohen. Hier beglaubigt jemand Kommunikation in radikaler Weise durch sein eigenes Handeln". Dieses eigene Carisma der Verletzbarkeit ist aus Sicht von Pörksen Grund dafür, dass er so viele Menschen überall auf der Welt durch seine Reden berührt.