ARD-Themenwoche #wieleben -
Die massenhafte Reisebegeisterung der Menschheit ist längst zum ökologischen Problem geworden. Aber aufs Reisen verzichten wollen wir natürlich auch nicht. Nachhaltiges Reisen könnte eine Lösung sein. Um herauszufinden, wie das geht, hat sich Reporterin Kristina Schlick auf den Weg gemacht.
Tourismus ist per Definition mit Bewegung verbunden. Das heißt, man braucht auch Transportmittel dafür. Und die verbrauchen Energie. Und die tragen eben zum Klimawandel bei. Das ist meines Erachtens der problematischste Aspekt von Tourismus. Und deshalb muss nachhaltiger Tourismus sehr darauf achten, dass wir mit Verkehrsmitteln unterwegs sind, die möglichst wenig Emissionen produzieren.
7000 Kilometer per Anhalter
Aber die muss man ja erstmal finden - vor allem, wenn man wie ich am liebsten in ferne Länder reist. Deswegen schaue ich mir mit Wolfgang Strasdas an, wie andere Leute verreisen. Wolfgang Strasdas ist Professor für nachhaltigen Tourismus an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde und deshalb mindestens so wie ich daran interessiert, herauszufinden, wie man nachhaltig verreisen kann.
Für die 27-jährige Integrationsbegleiterin Linda Becherer ist das jetzt schon klar. Als Frau per Anhalter. Entgegen aller Vorurteile und Gruselgeschichten reist sie auf diesem Weg seit sieben Jahren durch die Weltgeschichte. Zurückgelegte Strecke bisher: 7000 Kilometer.
Ökostrom bei der Deutschen Bahn
Linda nutzt zum Reisen kein Flugzeug. Und auch kein eigenes Auto. Also verursacht sie auch keinen zusätzlichen CO2-Ausstoß. Dennoch verlässt sie sich auf den Individualismus anderer. Auf Menschen, die nicht auf ihre eigenen vier Räder verzichten möchten.
Wenn ich vor allem CO2 sparen will, kann ich natürlich auch mit der Deutschen Bahn fahren. Die fährt zum Großteil mit Ökostrom. Bis 2050 will sie nach eigenen Angaben sogar komplett CO2-neutral auf den Schienen unterwegs sein. Und das lohnt sich auch für Fernreisen, sagt Wolfgang Strasdas, Professor für nachhaltigen Tourismus.
Man kann von Berlin an einem Tag nach Rom fahren, mit der Bahn kann an einem Tag nach Barcelona fahren. Man kann an einem Tag nach Stockholm fahren. Man kann an einem Tag nach Mittelengland fahren. Das ist alles möglich, und das ist den meisten Leuten nicht bekannt.
Mit dem Fahrrad zum Nordcap in 34 Tagen
Auf Instagram entdecke ich den 25-jährigen Lukas Sentner aus Berlin. Er hat sich vor zwei Jahren sein Fahrrad geschnappt und ist von Berlin zum Nordkap gefahren. In 34 Tagen. Über seine Reisen schreibt er auf dem Blog.
Lukas liebt es vor allem, dass er mit dem Rad so flexibel ist. Mit Zelt, Schlafsack und Gaskocher kann er fast überall Rast machen. Mit dem Fahrrad über Stock und Stein. Bei Wind und Wetter. Regen, Schnee, Gegenwind. Bergauf – bergab. Klingt cool, aber auch ganz schön anstrengend, finde ich. Professor Wolfgang Strasdas dagegen ist ziemlich begeistert, er ist selber leidenschaftlicher Radfahrer. Aber nicht nur deswegen steht für ihn das Radfahren ganz oben auf der Nachhaltigkeitsskala, sagt er mir.
Absolut im Trend ist das Radfahren auch: Laut ADFC verreisen immer mehr Menschen mit dem Rad: 2014 waren es noch 4 Millionen Menschen in Deutschland, im letzten Jahr schon mehr als 5 Millionen. Und zwar jung und alt gleichermaßen - das Durchschnittsalter liegt bei 53.