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Bild: Berlinale Pressefoto

- Berlinale Tipp: Shut Up and Play the Piano

Im vorletzten Berlinale-Film-Tipp von Reiner Veit wird's musikalisch: Der Dokumentarfilm der Berlinale-Sektion Panorama Dokumente "Shut Up and Play the Piano" von Philipp Jedicke ist ein Porträt des Musikers Chilly Gonzales.

"Shut Up and Play the Piano" ist kein guter Film. Gut - es ist ja auch ein Erstling, und Philipp Jedike, der Regisseur, kann noch üben.

Aber er hat einen Trumpf in der Hand, was seinen Film angeht: den faszinierenden Musiker Chilly Gonzales. Ein Chamäleon - das ist wahnsinnig, großartig und spannend genug, sich die Dokumentation über seine Person anzusehen. Auch wenn wir nur wenig über ihn erfahren und der Film ihn fast nur einen kleinen und sehr frühen Ausschnitt aus seiner Karriere zeigt. Berühmt wurde Chilly Gonzales mit gehobener Salon-Musik auf dem Solo-Piano.

Piano - das hat er früher mal gelernt, und nach vielen Umwegen hat er auch wieder zum Klavier zurückgefunden. In Philipp Jedickes Filmporträt dröhnt aber überwiegend Musik aus Chilly Gonzales' Vor- und Urzeiten in seiner Berliner Punkzeit. Es war Nachwendezeit, und im Club Maria am Ostbahnhof trat er oft auf - gerne auch mit seiner Freundin Peaches. 2003 erklärte er sich in der Bundespressekonferenz zum Präsidenten des Berliner Undergrounds, um nur wenig später mit seinem leisen Album "Solo Piano" ganz andere Töne anzuschlagen.

Weshalb Chilly Gonzales, der einer hyperreichen kanadischen Familie entstammt, und eigentlich Jason Charles Beck heißt, diese Rückbesinnung aufs Solo-Piano und musikalische Vollbremsung machte, bleibt unbeantwortet. Von einem Bild aufs andere sitzt er eben am Klavier. So einfach kann man es sich als Filmemacher auch machen. Sollte man aber nicht. Und dass ausgerechnet die extrem blasierte Sibylle Berg ihre nichtsnutzigen Interview-Fragen stellt, macht es nicht besser.

Aber bei allen großen Unzulänglichkeiten ist immer noch dieser irre Chilly Gonzales, der so vieles ist: großer Künstler, Komiker, absurder Anarcho-Clown, Punker, Rapper, Muse - Peaches nennt ihn ihre Muse und Inspiration - und ein berührender Pianist. Nicht einmal ein guter Pianist, aber einer, dem man gerne beim Spiel zuhört und zusieht - auch wenn er das gerne im Bademantel tut. Und dessen ruhige Art, im Interview reflektiert zu antworten, macht "Shut Up and Play the Piano" dann doch zu einem sehenswerten - wenn auch nicht guten Film.