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Der 500. Geburtstag des deutschen Reinheitsgebots naht. In Ingolstadt wird am Freitag zu einem Festakt sogar die Kanzlerin erwartet. Da wird dann ein Fass aufgemacht mit dem deutschen Klischeegetränk schlechthin, dem trotz modischer Trends ein rauhbeiniger, proletarischer und klebriger Theken-Charme anhaftet. Bier - ein Getränk - besser oder schlechter als sein Ruf? Susanne Bruha schenkt uns ein.
Bier - das steht seit dem Reinheitsgebot für was Ehrliches. Bier, da weiß man was man hat. Mit Bier ist man nicht angetüdelt oder beschwipst wie von nem klebrigen Likör. Mit Bier trinkt man sich einen an und ist am Ende ehrlich besoffen.
Man ist dann bierselig und in Bierlaune, das bedeutet im besten Falle liegt man sich mit den Freunden grinsend in den Armen und lallt lustiges Zeug. Im schlechtesten Fall belästigt man die weibliche Bedienung oder jede andere Frau in Reichweite. Huch - jetzt ist dieser launige Text über Bier nach fünf Sätzen schon so spaßbremsig! Das schlägt doch dem Fass den Boden aus.
Dabei wollte ich sagen, so sehr wie Bier und seine Braukunst auch Einzug in unsere Sprache gehalten haben, erfüllt sein Genuss vor allem verlässlich soziale Funktionen. Verlässlich entgleisen Männer bei Festen wie Biermeilen oder der Wiesn und belästigen ... Ah schon wieder Spaßbremse!
Auf Bier ist Verlass, wenn es am Stammtisch die Zunge löst und "das wird man ja nochmal sagen dürfen"!
Bier - ein Männergesöff?
Auf ein Bier mit Kollegen nach Feierabend zu gehen, schweißt das Kollegium zusammen. Nur mit Bier in Plastikbechern lall-grölt es sich so schön in der Fankurve und wer sich beim ersten Date auf einen Kaffee verabredet - will reden, wer ein Bier trinken geht - wird mindestens knutschen.
Rausch, derbe Sprüche, Feiern und Sex(uelle Übergriffe) - irgendwie ist Bier dem Ruf nach ein Männergesöff. Männer unter sich. Trinken Bier. So ist das nunmal und nach dem dritten, vierten oder fünften wird die Geschlechterfrage gestellt - ob in Ab- oder Anwesenheit von Frauen - meistens aber unflätig.
Dabei trinken laut Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel auch Frauen lieber Bier als anderen Alkohol und junge Menschen zwischen 19 und 24 Jahren geschlechterübergreifend sowieso. Nur warum hört man so selten was von übergreifenden Frauen. Bierkonsum als Spiegelbild der Gesellschaft? Wer lauter grölt behält die Macht im Patriarchat? Sehr spaßbremsig.
Eigentlich - ein Fitnessgetränk
Aber mindestens in einem Punkt ist Bier besser als sein Ruf. Denn es war mitnichten Bier, das diesen wunderschönen Körper formte, wie uns das selbstironisch abschreckende Männer-shirt ab Größe XXXL weismachen will. Denn so ein Pilsbier ist mit seinen gerade mal 43 Kalorien auf 100 Millilitern, im Vergleich zu Apfelsaft mit 57 Kalorien oder Sekt mit 83 Kalorien geradezu ein Fitnessgetränk. Und so war es immer noch die Schweinshaxe zum appetitanregenden Bier, die bitteschön die Verantwortung übernehmen möge für jenen - ähm - wunderschönen Körper.