Abhörversuche im Voxhaus am ersten Programmtag des Hörfunks in Deutschland (Bild: DRA)

- „Achtung, Achtung!“ - Wie alles begann

Die Erfindung des Radios war mit einer Menge Bastelarbeit und Experimenten verbunden, vor 90 Jahren konnten sich die Ergebnisse erstmals öffentlich hören lassen. Sabrina Wendling berichtet.

Die Erfindung des Radios war mit einer Menge Bastelarbeit und Experimenten verbunden, vor 90 Jahren konnten sich die Ergebnisse erstmals öffentlich hören lassen. Das damals völlig neue Unterhaltungsmedium sorgte für Aufregung, Begeisterung und schließlich einen Ansturm auf Radio-Empfangsgeräte. Sabrina Wendling berichtet.
Als der öffentliche Rundfunk offiziell im Berliner Vox-Haus auf Sendung ging, klang alles noch sehr förmlich und steif. „Achtung, Achtung“, tönte es aus dem Studio, „hier ist die Sendestelle Berlin im Voxhaus. Auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführung auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt.“

Das war am 29. Oktober 1923. Zuhörer gab es fast noch keine. Aber das sollte sich bald ändern. Denn Radio war von nun an für alle gedacht und nicht nur ein Kommunikationsmittel für das Militär.

Dafür hatte sich vor allem der Ministerialdirektor im Berliner Postministerium, Hans Bredow, eingesetzt. Denn nach dem Ersten Weltkrieg gehörte die frühere Hauptfunkstelle des Militärs in Königs Wusterhausen zur Deutschen Post. Auf Anweisung Bredows wurden in der kleinen Stadt südöstlich von Berlin Post-Mitarbeiter damit beschäftigt, die Entwicklung des Radios voranzutreiben. Es sollte ein Unterhaltungsmedium für die Öffentlichkeit werden.
Hans Bredow bei den ersten Rundfunkempfangsversuchen (Bild: DRA)
Hans Bredow, Ministerialdirektor im Berliner Postministerium

"Eine Informationsrevolution"

Viele Menschen glaubten anfangs nicht daran, dass es überhaupt möglich sein kann, flächendeckend und ohne Kabel Töne zu übertragen. Doch schon 1920 wurde aus Königs Wusterhausen ein Weihnachtskonzert in die Welt gesendet. Wie damals üblich, meldete sich zuerst ein Sprecher: "Meine Damen und Herren, zum Zeichen, dass unsere Station jetzt großjährig geworden ist, wollen wir Ihnen ein kleines, bescheidenes Weihnachtskonzert senden." Daraufhin ertönte "Stille Nacht, Heilige Nacht".

Für Deutschland war die Erfindung des Radios so kurz nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg ein großer Erfolg. Da störte es auch nicht, dass man weltweit gesehen eher im Mittelfeld lag. Die USA, die Niederlande, Großbritannien und viele andere Länder hatten das Radio schon früher für sich entdeckt.

Deutschlandweit gründeten sich in den 1920er Jahren Rundfunkstationen. Wer zuhören wollte, musste schon damals eine Gebühr bezahlen. Wer das Geld nicht hatte, lauschte schwarz. Bald wurde nicht nur Musik, sondern auch Fußball-Spiele, Nachrichten und Unterhaltungsprogramme übertragen. Für Rainer Suckow vom Sende- und Funktechnikmuseum in Königs Wusterhausen bedeutete diese schnelle Entwicklung eine Informationsrevolution, die Bildung und Wissen für alle erschwinglich machte.
Erster Programmtag des Rundfunks in Deutschland vom 29. Oktober (Bild: DRA)
Das Programm des ersten Sendetages

Von 500 Empfängern auf 500.000 in zwei Jahren

"Es wurde ganz vielfältig alles mögliche an Informationen übertragen, es wurde ganz viel Musik gespielt, es wurden Sprachkurse gehalten, es wurden Bastelanleitungen für Kinder gemacht, aus der ganzen Welt wurden Nachrichten übermittelt. Das wirklich völlig Neue am Radio war, dass man mit relativ wenig Aufwand in Echtzeit an die Informationen gekommen ist, und an die Nachrichten, an die Musik."

1923 wurden in Deutschland nur etwa 500 Radioempfänger registriert, zwei Jahre später waren es schon 500.000. Für Radio-Pionier Hans Bredow, inzwischen Staatssekretär für das Funkwesen, ein riesiger Erfolg. Er prophezeite dem Radio eine große Zukunft: "Weit über die Grenzen der Länder hinaus wird Radio einst Bedeutung haben. Es wird die Völker zu einer großen Gemeinde zusammenschließen, und ihnen durch tägliches gemeinsames Erleben die Erkenntnis vermitteln, dass sie alle Glieder einer einzigen großen geistigen Gemeinschaft sind."