Die Berliner SPD will am Montag mit Grünen und Linkspartei an den Verhandlungstisch gehen - Rot-Rot-Grün wäre die favorisierte Koalition des Regierenden Bürgermeisters Müller. Der SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, ist zuversichtlich, dass die Verhandlungen zu einer gemeinsamen Koalition führen werden. Saleh sagt im Inforadio-Gespräch, für erfolgreiche Verhandlungen müsse man beide Partner auf Augenhöhe betrachten und versuchen, das Beste für die Stadt herauszuholen. Wichtig sei es, auch für diejenigen Politik zu machen, die nicht Rot-Rot-Grün gewählt haben und zu verhindern, dass die Stadt gespalten wird.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit bilden sie die neue Berliner Landesregierung - am Montag (11.00 Uhr) setzen sich SPD, Linke und Grüne erstmals gemeinsam an einen Tisch. Die
Sozialdemokraten um Regierungschef Michael Müller haben beide potenziellen Koalitionspartner zur Sondierung eingeladen. Zuvor hatten sie bereits einzeln mit den Parteien gesprochen. Es hätten sich einige Gemeinsamkeiten gezeigt, hieß es nach beiden Runden.
Rot-Rot-Grün: komfortable Mehrheit
Auch mit CDU und FDP hat die SPD sondiert, eine rot-rot-grüne Koalition gilt aber als wahrscheinlicher. Müller hatte bereits vor der Wahl Präferenzen in diese Richtung geäußert. Zudem hätten SPD, Linke und Grüne gemeinsam eine komfortable Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Müller muss eine Dreierkoalition bilden, nachdem die SPD die Wahl mit dem historisch schlechten Ergebnis von 21,6 Prozent gewann. Die Linken erreichten 15,6, die Grünen 15,2 Prozent.
Presseschau
Berliner Morgenpost
"Rot-Rot-Grün demonstrierte in Berlin nach den Sondierungen viel Harmonie und Übereinstimmung. Selbst der Ausbau der Stadtautobahn A100 ist kein Streitthema mehr. Die Grünen wollen die geplanten Fahrpreiserhöhungen bei Bus und Bahn stoppen, die in dieser Woche vom Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg beschlossen
werden sollen. Wie ihnen das gelingen wird?
Vielleicht, indem sie Müller an den SPD-Wahlkampfspruch erinnern: "Berlin bleibt bezahlbar." Alle drei wollen mehr Wohnungen bauen, die Bürgerämter funktionsfähig machen, alle Schulen sanieren, neue Polizisten einstellen, die Flüchtlinge integrieren. Daran wird Rot-Rot-Grün gemessen werden. Und weil die AfD auch bundesweit immer stärker wird, könnte Rot-Rot-Grün ein Signal für den Bund sein. Vorausgesetzt, es funktioniert in Berlin."
Der Tagesspiegel
"Es klingt ironisch, ist aber schlicht wahr: Sigmar Gabriels Machtperspektive als SPD-Vorsitzender hängt von der Performance und Professionalität des "Wahlsiegerchens" Michael Müller in Berlin ab. Nur wenn der sowohl sich selber als auch die Koalition führen kann,
steigen die Chancen. Andernfalls wird es zwei Reaktionen geben: Auf lokaler Ebene wird Müller zur Seite geschoben, auf Bundesebene wird Rot-Rot-Grün diskreditiert nach dem Motto 'Die können es nicht'."
Rhein-Neckar-Zeitung
"Der Abstieg der Volksparteien und der Zersplitterung des Parteiensystems hat zu einer Verunsicherung geführt, die sich darin messen lässt, dass keine realistische Option mehrheitlich Unterstützung findet. Weil es gegen neue Kombinationen, sei es Schwarz-Grün, "Jamaika" oder Rot-Rot-Grün, internen Widerstand gibt. Doch drohen deshalb nicht gleich spanische oder belgische Verhältnisse nahe an der Unregierbarkeit. Denn die Parteien sind, wohl eher als der eigene Anhang, bereit, neue Wege zu gehen. Und das ist auch nötig, soll nicht die als Ausnahmefall der Demokratie gedachte "GroKo" noch mehr zur Regel werden, als sie es de facto in der Ära Merkel ist."
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller wünscht sich Rot-Rot-Grün. Schon sehr bald sollen Koalitionsgespräche aufgenommen werden, kündigte er am Montag an. Doch welche Stolperfallen drohen hier? Wir wollen in dieser Woche genauer hinschauen, um was es inhaltlich gehen muss, wenn sich Rot, Rot und Grün zusammentun - also: wo die Knackpunkte liegen.