Das Tagebuch von Anne Frank in einer Vitrine bei einer Ausstellung im neuseeländischen Auckland (Bild: picture alliance / Rafael Ben-Ari)
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Vis à vis - Thomas Sparr: Schrieb die Story von Anne Franks Tagebuch

Das "Tagebuch der Anne Frank", der jungen Jüdin, die erst versteckt wurde, um dann doch von den Nazis im Konzentrationslager ermordet zu werden, ist heute Weltliteratur. Der Autor Thomas Sparr ist dieser Erfolgsgeschichte des Tagesbuchs nachgegangen und hat sie Maria Ossowski erzählt.

Für den Autor Thomas Sparr gibt es zwei Geburtsstunden für das weltberühmte „Tagebuch der Anne Frank“. Einmal den 12. Juni 1942, als die junge Jüdin zu ihrem 13. Geburtstag anfing, Einträge in ihr rotgrau-kariertes Tagebuch zu schreiben. Und den Tag im Sommer 1945 als Otto Frank, der Vater von Anne, als einziger Überlebender der Familie, das Tagebuch seiner inzwischen ermordeten Tochter von der Familie Gies erhielt, die den Franks zuvor dabei geholfen hatten, sich vor den Nazis zu verstecken.

Otto Frank habe sich dann nach einer Phase des Zögerns doch dazu entschlossen, das Tagebuch seiner Tochter zu veröffentlichen, erklärt Sparr, der die Entstehungsgeschichte von Anne Franks Tagebuch in einem neuen Buch aufgeschrieben hat.

Otto Franks Suche nach dem richtigen Verlag

Dabei habe Otto sehr genau gewusst, an welche Verlage er sich wenden und wem er das Tagebuch seiner Tochter zukommen lassen musste, erklärt der Autor. "Als das Tagebuch 1947 in Holländisch erschien, hat er es an einem Tag an Königin Juliana, Kronprinzessin Beatrice und noch andere hochmögende Herrschaften der niederländischen Gesellschaft geschickt, weil er sich davon Aufmerksamkeit erhofft hatte und die hat er dann auch bekommen."

In vier Auflagen verkaufte sich Anne Franks Tagebuch danach etwa 20.000 Mal in den Niederlanden. „Das ist eine, für die damaligen Verhältnisse und das kleine Land, astronomische Zahl“, so Sparr. Bis das Buch auch in Deutschland veröffentlich wurde, dauerte es aber noch eine ganze Weile.

In Deutschland helfen Radio, Zeitungen und Theater

 

Zunächst habe es von deutschen Verlagen nur Absagen gegeben, erklärt Sparr. "Absagen, die besagt haben: Ach, die Leute wollen nichts mehr vom Krieg wissen. Die Leute möchten doch andere Erfahrungen machen, man richtet sich auf die Zukunft, wir wollen nichts mehr von der Vergangenheit hören. Oder wir haben schon ein ähnliches Buch." Dabei habe es in Deutschland bis 1950 kaum Bücher über die unmittelbar zurückliegende Nazi-Zeit gegeben.

Auszüge aus dem Tagebuch von Anne Frank waren in Deutschland deswegen zuerst im Radio zu hören und in Zeitungen zu lesen. Bis zur Veröffentlichung des Buches dauerte es aber noch bis zur Mitte der 1950er Jahre, so Sparr. Danach habe dem Erfolg des Buches in Deutschland auch geholfen, dass sehr viele Theater in West- und Ostdeutschland Anne Franks Tagebuch auch als Stück auf die Bühne gebracht hatten.