Neulich habe ich mich mit einem Typen unterhalten, der nach Jahrzehnten in Neukölln eine alte Ruine in Brandenburg irgendwo 50 Kilometer hinter Jüterbog und dann links gekauft hatte. Ein Machertyp, den Alternativen zu dem interessieren, wie alle es schon immer machen. Und der sagte diesen Satz zu mir über den ich seitdem nachdenke: Weißt Du was, sagte er, Brandenburg, das ist wie Berlin in den 90ern.

Brandenburg ist wie Berlin in den 90ern… ich wiederholte den Satz. Alle fragwürdig angezogen und auf zu schlechten, zu billigen Drogen? Oder wie war das gemeint? Nein, Spaß beiseite, sagte er. Der Platz, der Spielraum, dieses Gefühl davon, dass ganz, ganz viel möglich sei. Ohne viel Geld. Dass man eigentlich alles machen könnte, wenn man nur richtig Bock darauf hat.

Das erinnerte mich in der Tat an ein früheres Berlin, das noch Versprechen, Verheißung und Verwirklichung war und nicht aus Wohnungsnot, Malls und Mehrzweckhallen bestand. Für ein paar Scheine habe er seine Hütte da gekauft, alles selbst in Stand gesetzt, angefangen Sachen anzubauen, Musiker und Musikerinnen eingeladen, Lesungen, Seminare, Partys, alles worauf man so Bock hätte.

Und als allererstes habe er den alten Zaun rund um das Haus abgerissen. Als Zeichen. An die Einheimischen. Hier kommt der bunte Vogel aus Berlin und seine Tür ist offen. Und das habe funktioniert. Die Leute wären gekommen, Freunde geworden. Oder zumindest gute Nachbarn. Oder Nachbarn.

Klar, da gäbe es auch mal Divergenzen. Politisch. Weltanschaulich. Dass hoch dosiertes Vitamin C der beste Schutz gegen Corona sei, fand mein Gesprächspartner zum Beispiel nicht. Seine Nachbarn schon. Und er würde auch nicht Lebensmittel für 3 Jahre und ein paar hundert Liter Diesel unter dem Haus bunkern wie manche andere vielleicht. Aber hey, leben und leben lassen. Und sie lassen ihn. Brandenburg, das neue Berlin. Nur wie das alte Berlin. Nichts wie hin. Bevor das alle merken.